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Per Drahtesel zum Nordkap - Reise-Radler Hubert Lenz hat 8000 Kilometer vor sich

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Der "Eisheilige" hatte kein Erbarmen mit dem vorgesehenen Starttermin zur 8000 Kilometer-Tour Köppern-Nordkap-Köppern. Am "Servatius"-Tag (dem vorigen Montag) regnete und stürmte es so heftig, dass Reise-Radler Hubert Lenz seine Tour um zwei Tage verschieben musste. Doch die "Kalte Sophie" hatte gestern ein Einsehen, und nun sind sie unterwegs, der Sportler und sein Schwalbe-Rad "Leo I" ausgestattet mit Stahlrahmen und 30 Gängen.

"Ein Jahr lang habe ich diese Tour sorgfältig vorbereitet mit Autoroutenplaner, Korrespondenz mit anderen Reise-Radlern in professionellen Internet-Treffen und ausführlichem Erarbeiten von Topographien der einzelnen Länder", so Lenz.

Die Route führt ihn zunächst nach Flensburg, dann zur dänischen Grenze bis Skagen dem nördlichsten Punkt in Dänemark. "Rechts die Ostsee, links die Nordsee, das ist schon ein besonderes Erlebnis", freut er sich. Weiter geht es mit der Fähre nach Göteborg (Schweden), dann über Vasternas, Mora, Östersund, Alta und durch den Nordkap-Tunnel bis zum Endpunkt der Reise: Nordkap/Norwegen.

"Die Planung ist das Wichtigste. Eine solide Ausrüstung, wobei ich nicht den allerneuesten Schnickschnack benötige, dazu Ersatzschlauch, 3 Ersatzspeichen, gutes Werkzeug, Öl, Zange, Draht und Kabelbinder." Alles Erfahrungswerte, betont Lenz. Er ist bereits seit seinem 16. Lebensjahr als Reise-Radler unterwegs. Damals hatte er sein erstes Fahrrad bekommen, und in den folgenden 5 Jahren war er mit der Interrail-Karte der Deutschen Bundesbahn unterwegs. "Von Narvik bis Gibraltar, von Tipperary (Irland) bis Piräus und nach Malaga."

Der gelernte Bankkaufmann, geboren im hessischen Sprendlingen, hat die eigene Begeisterung an Rad-Touren an seine drei Söhne Burkhardt, Ulrich und Fabian weitergeben. "Sobald sie selbst fahren konnten, waren sie mit mir unterwegs, teilweise mit Teddy im Körbchen", schmunzelt er. Jahrelang waren sie einmal pro Jahr auf Rad-Reise. "Wir nannten es eine Woche freies Leben mit Campingplatz und Feuerchen zum grillen."

Er hat auch viele Solotouren unternommen. "Ich kenne alle bekannten großen Radwege deutschlandweit, und hatte nie einen Platten oder größere Reparaturen toi, toi, toi." Was auch damit zusammenhänge, dass er an jedem Abend auf dem Zeltplatz das gesamte Fahrrad einer gründlichen Inspektion unterziehe.

 

Zwei Liter Wasser

 

Und natürlich gehöre die richtige Kleidung zu einer gelungen Tour. "Die muss sowohl für heiß und trocken als auch für nass und kalt angemessen sein, wobei auch die Packvolumen und Gewicht sorgfältig ausgerechnet werden müssen."

Auch ein kleines Kreuz geht mit auf Reisen, das hatte Lenz 1997 nach der Wahl zum Kirchenvorsteher von Pfarrer Gerhard Bechthold erhalten. Dann ist da noch die "Sanitär-Abteilung", die Zwei-Liter-Buddel ("trinken ist wichtig") und natürlich ein Essensvorrat: getrocknete Früchte, Müsli, Kaffee und Müsliriegel. "Das Essen halte ich sehr einfach, abends eine Kleinigkeit nach Landesart, ich will ja im Durchschnitt 100 Kilometer pro Tag schaffen und mit vollem Bauch fehlt die Kraft." Für die gesamte Tour hat er zirka drei Monate errechnet.

"Ich bin im Januar mit 58 Jahren in Altersteilzeit gegangen. Zum ersten Mal sitzt mir kein Kalender mit dem berühmten Ferienende im Nacken. Ich kann auch mal hier oder dort einen Tag länger bleiben." Die Rückreise vom Nordkap führt durch Finnland bis Turku, dann wieder nach Stockholm und durch das schwedische Schärengebiet nach Hälsingborg, dann Roskilde (Dänemark) und über Schlitz bis nach Köppern, insgesamt rund 8000 Kilometer.

Was gefällt dem Reise-Radler ganz besonders an Fahrrad-Touren? "Ich kann anhalten, wann ich will, ich sehe die Veränderungen der Landschaft intensiv, ich lerne viele Menschen kennen, ich sehe unterschiedliche Baustile, höre unterschiedliche Dialekte, das alles hinterlässt in mir tiefe Eindrücke."

Ein kleiner Fan-Club hat sich gegründet, der Unterstützung gibt. "Vom kostenlosen Einbau verschiedener Radteile, kleinen Umschlägen mit Reservegeld bis zur Gesäßsalbe ist alles dabei", lacht er. Doch sein größter Sponsor sei Ehefrau Ursula, die "keinen Draht zum Rad" hat, doch die Leidenschaft ihrer vier Männer gerne unterstützt.

Ein Wunsch allerdings ist offen geblieben: "Ich hätte gern einen Sponsor gefunden, der meine gefahrenen Kilometer mit je 1 Euro für einen guten Zweck unterstützt." Er hat dabei an die Hilfsorganisationen "Brot für die Welt" und "Misereor" gedacht.




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