"Wir haben uns geschubst, dann habe ich ihm eine gegeben", sagte der 19-jährige Oberurseler vor der Bad Homburger Jugendrichterin. Dort war er angeklagt, weil er am 7. September vergangenen Jahres gegen 2.50 Uhr beim Usinger Laurentiusmarkt im Festzelt einem 21 Jahre alten Studenten aus Wehrheim offenbar ohne Anlass mehrere Faustschläge ins Gesicht versetzt hatte. Mit blutendem Gesicht sowie Schwellungen und einem beschädigten Zahn musste sich der 21-Jährige danach zur ambulanten Behandlung ins Krankenhaus begeben. Er habe dann noch fünf Tage lang Schmerzen im Kopfbereich verspürt, sagte der 21-Jährige.
Noch schlimmer erging es einem ebenfalls 21-Jährigen aus Neu-Isenburg knapp zwei Monate später am Frankfurter Hauptbahnhof. Dort hatte der Oberurseler wieder ohne Anlass auf sein Gegenüber eingeprügelt und diesem erhebliche Verletzungen im Kopfbereich zugefügt. Der Neu-Isenburger trug Hämatome, Schwellungen und Platzwunden am Kopf davon. Hinzu kamen ein Nasenbeinbruch sowie für einige Wochen Tinnitusbeschwerden in beiden Ohren.
In der jetzigen Gerichtsverhandlung gab es dafür zwei Wochen Jugendarrest, die in Gelnhausen zu verbüßen sind. Außerdem muss der verurteilte Azubi an die beiden von ihm Verprügelten je 250 Euro Schmerzensgeld zahlen. Ob auch noch Forderungen von der Krankenkasse folgen, ist noch ungewiss.
In der Verhandlung wurde deutlich, wie gering die Hemmschwelle des Angeklagten bei seinen Taten gewesen war. Bei der Auseinandersetzung in Usingen hatte ein Freund des Angeklagten die Freundin eines anderen Besuchers "angebaggert". Als sich dies deren Freund verbat, schlug der Oberurseler plötzlich auf den jungen Mann ein, mit dem er bis dahin nichts zu tun hatte. Danach habe er sich damit gebrüstet, dem anderen "in die Fresse geschlagen" zu haben. "Ich hätte wegbleiben sollen, das war gar nicht mein Problem", räumte er im Gericht ein. Damals hatte der Angeklagte 1,4 Promille Alkohol im Blut.
Noch unbegreiflicher war die Tat des Oberurselers am späten Abend des 2. November vergangenen Jahres am Frankfurter Hauptbahnhof. Damals war er Zaungast beim Fußballspiel der Frankfurter Eintracht gegen Greuther Fürth, das 1:1 geendet hatte. Das Spiel konnte der jetzt Angeklagte nicht live sehen, da er wegen vorheriger Vorfälle Stadionverbot hatte.
Mit anderen gleichgesinnten Leidensgenossen hielt er sich alkoholtrinkend (1,15 Promille) vor dem Stadion auf. Gegen wen die Eintracht damals spielte und wie die Begegnung endete, wusste der Oberurseler im Gericht nicht mehr. Offenbar hatte ihn das Spiel gar nicht sonderlich interessiert. Für ihn gab es anscheinend andere Prioritäten.
Das musste dann der junge Mann aus Neu-Isenburg am Hauptbahnhof schmerzlich zur Kenntnis nehmen. Obwohl der Isenburger ebenfalls Eintracht-Fan ist und seine Verbundenheit mit diesem Team mittels Eintracht-Schal dokumentierte, wurde auch er Opfer des Angeklagten. Anfangs habe man sich ganz normal unterhalten, sagte der Neu-Isenburger im Gericht. Doch dann sei der Angeklagte grundlos ausgeflippt. "Das waren etwa 10 bis 15 Faustschläge gegen meinen Kopf", berichtete der junge Mann. Er hatte zahlreiche Verletzungen im Kopfbereich davongetragen und wurde für mehrere Tage krankgeschrieben.
So recht erklären konnte der Oberurseler seine Gewalttaten nicht. Er sei in schlechter Verfassung gewesen, weil sich zuvor (und auch jetzt) seine Freundin von ihm getrennt habe, war sein Erklärungsversuch. "Die beiden Opfer waren Ihrem Frust ungeschützt ausgesetzt", sagte die Jugendrichterin in ihrer Urteilsbegründung. Sie war mit ihrem Urteil dem Antrag des Staatsanwaltes gefolgt und hatte zwei Wochen Jugendarrest verhängt. Außerdem muss der junge Mann noch an einem "Anti-Gewaltseminar" teilnehmen.