Mit ihrer Idee, die Königsteiner Stadtgeschichte anlässlich des Jubiläums "700 Jahre Stadtrechte" zum Leben zu erwecken, traf das ehemalige Burgfräulein Marijke Wesser voll ins Schwarze. Am Pfingstsonntag leiteten sie und Stadtarchivarin Beate Großmann-Hofmann jeweils eine rund zweistündige Tour vom Alten Rathaus über den Kapuzinerplatz und durch den Kurgarten bis hoch zur Burg. Dass ihnen jeweils rund 100 Menschen gefolgt sind, lag an der ungewöhnlichen Aufbereitung des historischen Stoffes: An verschiedenen Stationen hatten sich Amts- und Würdenträger sowie Königsteiner Bürger und Vereinsmitglieder postiert, um in zeitgenössischem Gewand verschiedene Epochen der Stadtentwicklung nachzuspielen. "Was dargestellt wird, stimmt", stellte die Stadtarchivarin zu Beginn klar.
So erhielten die Zuschauer beispielsweise einen Eindruck davon, wie das damals wohl gewesen sein könnte, als König Johann von Böhmen dem Burgflecken Königstein die "gleichen Rechte und Freiheiten verlieh, die auch die Stadt Frankfurt besaß". Nach dem Verlesen der Urkunde brandete großer Beifall auf, und dieses Mal waren auch genug Menschen mit Digitalkamera dabei, um den denkwürdigen Moment für die Nachwelt festzuhalten.
Eine Station weiter berichteten Ludwig Graf zu Stolberg (Leonhard Helm) und der frühere Bürgermeister Hubert Faßbender (Alexander Freiherr von Bethmann) über ihre Wohltaten. Auch wenn sie in verschiedenen Jahrhunderten lebten, hatten sie doch eine direkte Verbindung zueinander.
Unter Ludwig wurde 1542 ein Schulneubau in der Karlstraße beendet. Nach dem Zweiten Weltkrieg war die Volksschule Königstein zu klein geworden, um den Bedarf zu decken. Die Stadt besann sich auf einen alten Vertrag von 1540, der den Landesherrn verpflichtete, für Lehrer und Schulgebäude zu sorgen. Der Vertrag war nie gekündigt worden, und so musste das Land Hessen den Neubau übernehmen: Am 10. November 1950 wurde die neue Schule in der Jahnstraße eingeweiht.
Kurmainzer und Kapuziner
Weiter ging es durch die Herrschaftszeit der Kurmainzer über die bedauernswerte Caroline Schlegel-Schelling, die 1793 auf der Festung Königstein inhaftiert war und von Kurchefin Almut Boller zum Leben erweckt wurde, hin zum Kapuzinerkloster. Hier überbrachte Manfred Colloseus das Aufhebungsdekret, das 1813 das rasche Ende des Klosters besiegelte.
Im Kurpark lobte Dichter Friedrich Stoltze die wohltuenden Heilmethoden von Dr. Georg Pingler, der darüber sichtlich erfreut war. Am Luxemburgischen Schloss gaben Herzogin Adelheid Marie und ihr Gemahl Herzog Adolph eine Audienz, bevor der Spaziergang auf der Burg bei einer zünftigen Tafel der Eppsteiner mitsamt einem launigen Hofnarr sein Ende fand. Für die illustre Schar an Darstellern war es ein gleichermaßen großer Spaß wie für die Zuschauer, die die lebhaften Auftritte sicher nicht so schnell vergessen werden.