Im Herbst 2014, sagt der Projektleiter der Europäischen Zentralbank (EZB), Thomas Rinderspacher, kann der Neubau an der ehemaligen Großmarkthalle bezogen werden. "Wir liegen zwar etwa sechs Monate hinter dem ursprünglichen Zeitplan zurück. Doch können wir noch zufrieden sein angesichts der besonderen Aufgabe, die wir zu lösen hatten, etwa der Sanierung der Großmarkthalle." Auch habe die wegen zu teurer Angebote aufgehobene Vergabe an einen Generalunternehmer einen Stillstand verursacht und zusätzliche Planungsarbeiten erfordert. Das habe Zeit gekostet und höhere Kosten verursacht.
Baustelle seit drei Jahren
Seit drei Jahren wird im Ostend gebaut. Weder die ursprüngliche Kostenschätzung noch der Zeitplan wurden eingehalten. Rinderspacher spricht dennoch von einem "zügigen" Projekt und "übersichtlichen" Mehrkosten. Er geht derzeit von 1,15 Milliarden bis 1,2 Milliarden Euro Baukosten aus und einer Verzögerung von etwa einem halben Jahr. Der Projektleiter erkklärt, dass der Neubau bereits wieder zu klein ist: "Unvorhersehbar war vor zehn Jahren, als wir mit den Planungen begonnen haben, dass zehn Jahre später die EZB auch noch eine europäische Finanzaufsicht als Aufgabe von der Politik erhalten würde."
Der vom Wiener Büro Coop Himmelb(l)au entworfene Doppelturm wird 185 Meter hoch. In den 41 Bürogeschossen sind 2300 Arbeitsplätze vorgesehen. Das könnte beim Einzug schon zu wenig sein: Denn ab 2014 soll die EZB die europäische Bankenaufsicht übernehmen, dann könnten bis zu 2000 weitere Stellen gebraucht werden. Derzeit arbeiten bei der EZB in Frankfurt rund 1500 Menschen.
Auf der Baustelle sind derzeit etwa 1000 Arbeiter damit beschäftigt, die letzten Betonarbeiten zu beenden, die Fassade zu montieren sowie in den unteren Stockwerken den Innenausbau voranzubringen. Wenn der Innenausbau in allen Stockwerken bis hin zum letzten Wasserhahn angefangen hat, werde sich die Zahl der Arbeiter erheblich erhöhen, so der Bauleiter.
Architekt Wolf Prix betonte gestern beim Rundgang, dass sich das Gebäude "durch seine Gestalt als ein besonderes Hochhaus in Frankfurts Skyline einprägen" werde. Das liege nicht zuletzt an der Zweischeiben-Glasfassade, die aufwendig entwickelt worden sei. Fassadenplaner Professor Michael Lange erläuterte, die gläserne Haut werde sowohl die beiden Türme als auch die dazwischen liegenden Atrien umschließen.
Glassfassade entwickelt
Insgesamt ist die Fassade 39 400 Quadratmeter groß. Einige Bereiche der Glasfassaden der Türme musste nach Anforderungen der Deutschen Flugsicherung bis zu einer Höhe von 150 Metern so ausgerüstet werden, dass sie auf den Radaranlagen der den Frankfurter Flughafen anfliegenden Flugzeuge keine "Doppelbilder" erzeugen.
Als "eine besondere Herausforderung" bezeichnete auch der Statiker Professor Manfred Grohmann die Konstruktion der Fassaden des Atriums am Neubau der EZB. "Da die beiden Türme nicht ohne Hilfe stehen können, mussten wir sie mit großen Stahlkonstruktionen gleichsam zu einem einzigen Gebäude koppeln". Allerdings bereitete den Stahlarbeitern der harte Winter Probleme, denn die Träger konnten wegen ihrer Abmessungen nur vor Ort zusammengeschweißt werden. Bei den teilweise eisigen Temperaturen kamen die Schweißarbeiter am Rohbau kaum nach. Darum hätten sich teilweise die Betonarbeiten verzögert.
Für den Bauherrn stellte auch die Sanierung der Großmarkthalle eine "besondere Herausforderung" dar, sagte Rinderspacher. Er hätte gerne über "einen größeren Zeit- und Finanzpuffer" verfügt, als ihm bei den Planungen zugestanden worden war. Teurer und zeitaufwendiger als geplant waren etwa Arbeiten am Dach der ehemaligen Großmarkthalle. Arbeiter mussten es per Hand und in Schutzanzügen von mehreren Lagen verseuchter Dachpappe befreien. Auch die Bodenplatte der riesigen Halle barg Überraschungen: Sie war nicht wie erwartet ein zusammenhängendes Bauteil, sondern war 1927 beim Bau in drei Einzelplatten angelegt worden. Ähnliche "Überraschungen" gab es auch bei den alten Stützen der Halle - sie erwiesen sich bei einer genaueren Untersuchung als wesentlich maroder als zunächst angenommen.