Die Meinungen über das von der SPD im Norden der Stadt vorgeschlagene neue Viertel gehen weit auseinander. Während der ehemalige Planungsdezernent Martin Wentz in dieser Zeitung den neuen Stadtteil gerne dort sehen würde, sieht das Büro des renommierten Architekten Albert Speer (AS&P) das etwas anders.
Speer selbst sieht sogar Parallelen zur Entstehung der Siedlung auf dem Riedberg: "Der Riedberg als neuer Stadtteil wurde nicht gut gebaut, von Anfang an planerisch nicht durchdacht, es fehlte ein ausgewogenes Grundkonzept und die notwendige Mischung von großen und kleinen Häusern."
Das liegt seiner Meinung nach unter anderem auch daran, dass es keinen Wettbewerb gegeben habe, in dem unterschiedliche Ideen und Vorschläge diskutiert worden wären. Zwar bestätigt Speer, dass mit einer städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme die Infrastruktur leichter zu finanzieren sei, doch weist sein Partner Michael Denkel darauf hin, dass beim Riedberg am Ende ein Minus in der Bilanz stehen werde.
Trends beobachten
Es sei notwendig, die aktuellen Voraussagen für die weitere Bevölkerungsentwicklung kritisch zu hinterfragen, weil sie oftmals von augenblicklichen Trends ausgingen, die sich innerhalb von zehn Jahren wieder umdrehen könnten. So sei doch "heute schon bekannt, dass wir sehr viele Wohnungen für Studenten benötigen, da zwei Jahrgänge an die Unis kommen". Diese Trends sind jedoch als kurzfristige Entwicklungen zu sehen.
Gerhard Brand, ebenfalls Partner bei AS&P, verweist darauf, dass der aktuelle Bauboom mit seinen für Wohnungen überhöhten Preisen auch darauf zurückzuführen sei, dass "viel Bargeld in den Beton fließt, weil es sonst kaum ertragreiche Anlagen gibt, wodurch die Wohnungspreise weiter angeheizt werden". Wegen dieser aktuellen Entwicklungen könne man für Projekte, die einen so langen Zeitraum in Anspruch nehmen wie ein neuer Stadtteil, "noch nicht sagen, ob sie dann noch gebraucht würden". Es sei jedenfalls "sehr viel sinnvoller, das Geld für die S-Bahn oder die Regionaltangente auszugeben als für weiteren Wohnungsbau in der Stadt".
Die Umwandlung der etwa zwei Millionen Quadratmeter leerstehender Büroflächen in Frankfurt sei auch ein wichtiges Thema, das nur deshalb nicht weiter vorankomme, da diese mit sehr hohen Buchwerten in den Büchern der Firmen stehen. Es scheint so für Unternehmen sinnvoller, diese Wohnungen leer stehen zu lassen, anstatt sie in Wohnungen umzubauen.
Bei Speer und Partner warnt man auch vor den hochgerechneten Zahlen eines höheren Bedarfs an Wohnraum, da man dabei aktuellere Trends außer Acht lasse. Albert Speer verwies auf eine aktuelle Studie des Darmstädter Instituts für Wohnen und Umwelt, die herausgefunden habe, dass der bisher festgestellte Trend, steigende Wohnfläche pro Einwohner, so nicht mehr stimme, sondern im Gegenteil sogar sinke.
"Das bedeutet doch auch, dass es Trends in der Gesellschaft gibt, die, wenn man sie zusammenfasst, einen geringeren Bedarf an Wohnraum signalisieren, als aktuell diskutiert wird." Man solle deshalb überall dort, wo es möglich ist, in den Städten nachverdichten und in der Nähe von S-Bahnlinien neu bauen.
Nicht genutzt
In Frankfurt werde beispielsweise viel Potenzial an der Borsigallee noch nicht genutzt. "Und dazu gehört auch unbedingt, dass der Masterplan Industrie so bald als möglich fertiggestellt wird, damit in der Stadt für die nächsten 25 bis 50 Jahre festgelegt wird, welche Flächen wir für Industrie und Gewerbe benötigen und welche für Wohnen freigemacht oder genutzt werden können."
Im Hause Speer sieht man auch ein neues Interesse in großen Unternehmen, für ihre Mitarbeiter Wohnungen zu bauen, die zu subventionierten Mietpreisen zur Verfügung gestellt werden.
Damit könnten neue Mitarbeiter an die Unternehmen gebunden werden - so wie es früher bei großen Industrieunternehmen, wie etwa der Hoechst AG, ganz selbstverständlich gewesen sei.
Das bedeute nicht zuletzt auch, dass "nicht mehr die öffentliche Hand Wohnungen zu subventionierten Preisen bereitstellen müsste, sondern es die privaten Unternehmen tun".