Im Foyer des Filmmuseums wartet geduldig ein Fan des Regisseurs Ulrich Seidl. Der stellt hier den letzten Teil seiner Paradies-Trilogie vor, "Paradies: Hoffnung", und diskutiert im Anschluss mit Filmkritiker Daniel Kothenschulte. Als der junge Mann sein Idol in den Fahrstuhl steigen sieht, ergreift er die Gelegenheit. "Herr Seidl, sie sind mein großes Vorbild. Hätten Sie ein paar Minuten Zeit für ein Gespräch?", fragt er. Der Wiener Filmemacher aber hat einen straffen Zeitplan. Einen Moment habe er vielleicht nach Filmvorführung. "Seit der Paradies-Trilogie hat die Medienpräsenz um mich sehr zugenommen", erklärt Seidl. Meine Arbeit besteht daraus, die Menschen zu beobachten und nicht selbst im Mittelpunkt zu stehen." Aber das bringe die erfolgreiche Film-Reihe eben mit sich. Der erste Teil "Paradies: Liebe" wurde 2012 bei den Filmfestspielen von Cannes vorgestellt. Der zweite Teil "Paradies: Glaube" feierte im gleichen Jahr bei den Filmfestspielen von Venedig Premiere. Den letzten Teil stellte Seidl auf der diesjährigen Berlinale vor. "Eigentlich sollte es nur ein Film werden." Aber bei der Sichtung der 90 Stunden Aufnahmen, entschloss sich der Filmemacher, ihn in drei Teile zu gliedern.
Die drei Filme handeln von Frauen der gleichen Familie, die auf der Suche nach ihrem Paradies sind - auf ganz unterschiedliche Weisen. "Es geht immer um Körperlichkeit. Ich mag physische Filme", erklärt der Regisseur. Denn er zeige gerne Menschen mit "normalen" Figuren. "Hoffnung" etwa dreht sich um einen übergewichtigen Teenager in einem Diätcamp. "Wir haben heute so eine verstellte Medienwirklichkeit, dass wir normale Körper gar nicht mehr als schön empfinden", sagt der 60-Jährige. Neben dem Körpergefühl geht es in den Filmen aber auch um Sehnsüchte. "Es ist uns wohl bestimmt, das Paradies immer zu suchen und nie zu finden", erklärt der Regisseur. "Denn wenn sich unsere Sehnsüchte erfüllen, haben wir bereits neue." Seine Wünsche waren unter anderem, zu heiraten und Kinder zu bekommen. Beide Ziele hat Seidl erreicht. Mit seiner Frau Veronika hat er zwei Kinder. Seine Ehepartnerin ist auch im Beruf seine bessere Hälfte. Denn sie schreiben alle Drehbücher gemeinsam. Auch in seine neuen Projekte ist seine Frau involviert. Der Film "Im Keller" sei fast fertig. Er handle von österreichischen Männern und deren Beziehungen zu Killern. Ein anderes Projekt - ein historischer Film - stehe noch ganz am Anfang. Wir können jedenfalls großes Kino von Seidl erwarten und hoffen, dass er dann schneller wieder nach Frankfurt kommt. Sein letzter Besuch war nämlich schon 20 Jahre her.