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Mehr als Mahlwerk - Mühlen prägten Straßennamen und sogar die Sprache

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Der Ölmühlweg in Königstein oder der Mühlweg in Falkenstein: In einigen Straßennamen sind noch Überreste der alten landwirtschaftlichen Mühlenkultur zu finden. Die Glashüttenerin Ingrid Berg, ehrenamtliche Mitarbeiterin im Kreisarchiv des Hochtaunuskreises, befasst sich seit nunmehr sechs Jahren mit den Mühlen in der Region. Am Donnerstagabend stellte sie auf Einladung des Vereins Denkmalpflege Königstein die örtlichen Mühlen vor. Rund 40 Besucher verfolgten ihren Vortrag im Balkonzimmer der Villa Borgnis.

Gemeinsam mit Alexander Wächtershäuser, Journalist und Mitarbeiter des Kreisarchivs, hat Ingrid Berg im vergangenen Jahr ein umfangreiches Mühlenkataster der Region veröffentlicht. Insgesamt 15 Mühlenstandorte konnten die beiden für Königstein nachweisen. Manche Mühlen waren nur wenige Jahre in Betrieb, andere spielten über Jahrhunderte eine große Rolle für die Entwicklung der Stadt.

Mehl für den halben Ort

Die Dammühle beispielsweise war zugleich die älteste und die wichtigste Mühle im Ort. Sie wurde 1359 erstmals urkundlich erwähnt und habe das Mehl "für den halben Ort bereitet", erklärte die Lokalhistorikerin. Umso bedauerlicher, dass von ihr nur eine einzige zeitgenössische Darstellung überliefert ist, in der ihre Blütezeit allerdings bereits vorrüber war. Bereits in einer frühen Phase hatten ihre Müller mit Schwierigkeiten zu kämpfen: Rund 100 Jahre nach der Ersterwähnung der Dammühle siedelten sich in Falkenstein zwei weitere Mühlen an. Die brauchten ebenfalls einen Wasserzulauf, was dazu führte, dass die Dammühle zwischenzeitlich nicht mehr ausreichend mit Wasser versorgt wurde.

Die Falkensteiner Ober- und Untermühle waren Bannmühlen: Die Bevölkerung von Falkenstein und Kronberg durfte ihr Getreide nur dort mahlen. Erstere gelangte zu einem gewissen, wenn auch zweifelhaften, Ruhm, da der Räuber Johannes Bückler, besser bekannt unter dem Namen Schinderhannes, dort eine Weile lang einkehrte. Fritz Wucherer von der Kronberger Malerkolonie verewigte beide Mühlen auf einem Gemälde aus dem Jahre 1903. "Die Obermühle war allerdings seit 1880 nicht mehr vorhanden." Vielleicht habe er sie in Erinnerung an frühere Zeiten gemalt, vermutete Berg.

Dass die Mühlengeschichte nicht nur Straßennamen, sondern auch die Sprache bis heute prägt, erklärte die Glashüttenerin anhand des Wasserstreits um den Kleinen und Großen Seelborn, der sich über hunderte Jahre hinzog. Mit der Errichtung der Höchster Tabakmühle im 18. Jahrhundert war das Maß für die Schloßborner schließlich voll, oder besser: leer. Schon zuvor wurden die Quellflüsse oftmals "in erlaubter Weise, sehr oft aber auch widerrechtlich", umgeleitet, heißt es im Mühlenkataster. Den Schloßbornern wurde "das Wasser abgegraben", und rückblickend konstatierte Berg: "Am längeren Hebel saßen immer die Königsteiner." Übrigens: Dass die Mühle am rauschenden Bach klappert, wie es in einem Kinderlied heißt, stimmt so nicht. "Sie brauchen einen Mühlteich oder Mühlgraben."

Ein ungeschickter Müller

Auch in Schneidhain gab es eine bedeutende Mühle, die 1592 zum ersten Mal schriftlich erwähnt wurde. Im Gegensatz zu vielen anderen hatte sie nie Probleme mit dem Wasser, denn irgendwann sei es immer "unten im Tal" angekommen. Ursprünglich handelte es sich um eine Privatmühle, doch hatte der ungeschickte Müller seine Konzession eines Tages nicht mehr wiedergefunden. Flugs wurde aus ihr eine herrschaftliche Mühle, die ihren Dienst als Bannmühle für Schneidhain, Altenhain und Neuenhain verrichtete.

Aus dem Königsteiner Stadtbild sind die alten Mühlen heute nahezu spurlos verschwunden. Das Wohngebäude in der Gerichtstraße 17, dem Standort der ehemaligen Königsteiner Obermühle, sei das einzige repräsentative Bauwerk, das noch von der alten Mühlentradition zeuge.




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