Quantcast
Channel: Rhein-Main
Viewing all articles
Browse latest Browse all 41368

Angst vor Mietwucher - Bevor die Kostenbremse kommt, erhöhen Wohnungseigentümer noch schnell die Preise

$
0
0

Eine kleine, einfache Wohnung ohne Stuck an der Decke. Sachsenhausen. Kein Balkon. Kein Mainblick. 36,47 Quadratmeter für 490 Euro. Dem jahrelangen Mieter flattert ein Schreiben vom Wohnungseigentümer in den Briefkasten. Die Miete soll erhöht werden - auf 588 Euro.

Kein Einzelfall. Was sich da in Frankfurt anbahnt, ist in anderen Städten schon lange an der Tagesordnung. In München beispielsweise. Für eine 87 Quadratmeter große Wohnung in Schwabing-West müssen die Mieter dort mittlerweile 1200 Euro zahlen. Die Miete wurde um 160 Euro erhöht. Ein Plus von 20 Prozent. Und das ist so lange legal, wie die Mieten unter dem ortsüblichen Mietspiegel liegen. Rechtsstreit ausgeschlossen. In Berlin ist die Lage ähnlich.

Grund ist eine Reform des Mietrechts, die am 1. Mai in Kraft getreten ist. Diese erlaubt den Bundesländern in Städten mit einem angespannten Wohnungsmarkt - wie Frankfurt - die sogenannte Kappungsgrenze hinabzustufen. Soll heißen: Vermieter dürfen die Miete in bestehende Mietverhältnissen innerhalb von drei Jahren nur noch um höchstens 15 Prozent erhöhen. Eine Herabsenkung. Bisher durfte die Miete um bis zu 20 Prozent gesteigert werden. Obergrenze bleibt aber immer noch die ortsübliche Vergleichsmiete, die vom Mietspiegel geregelt wird. Berlin und München haben die neue Regelung bereits angenommen. Viele Vermieter wollen dem zuvorkommen und heben ihre Preise noch schnell an - auch am Main.

 

Verzweifelte Mieter

 

Die Telefone beim DMB Mieterschutzverein Frankfurt stehen nicht mehr still. Täglich wenden sich Mieter an die Beratungsstelle, weil die Preise steigen. Statistiken gibt es zwar keine. Doch DMB-Geschäftsführer Ralf Janßen sagt: "Die Anzahl der Mietpreiserhöhungen ist deutlich angestiegen. Das ist zumindest mein subjektives Gefühl." Einen anderen Grund, die Mieten zu erhöhen, sieht er derzeit nicht. "Der Mietspiegel, nach dem sich die Preise sonst richten, ist ja noch in Arbeit und nicht veröffentlicht." Seine Kollegen würden ebenfalls mehr Anrufe bekommen als bisher. Denn auch in Hessen wird die Absenkung der Kappungsgrenze diskutiert. Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) heißt dies gut. Doch mitten im Wahlkampf - immerhin sind am 22. September Landtagswahlen - will man nichts überstürzen, und so hat Bouffier eine Umfrage unter hessischen Kommunen gestartet, ob sie Bedarf für solch eine Deckelung sehen. Die Umfrage ist beendet. Ergebnisse liegen noch keine vor. Frankfurts Planungsdezernent Olaf Cunitz (Grüne) wundert sich über solch eine Umfrage. Schon 2004 und 2009 habe das Land per Rechtsverordnung festgelegt, dass es sich bei Frankfurt um ein Gebiet mit gefährdeter Mietwohnungsversorgung handelt. "Schnellstmöglich" müsse also gehandelt werden. Kein Wunder, ist Frankfurt doch schon seit Jahren hinter München die zweitteuerste Stadt zum Wohnen. Durchschnittlich müssen hier 12,80 Euro pro Quadratmeter gezahlt werden, wie das Mietbarometer von immowelt.de jüngst verkündete.

Und so rät Janßen vom Mieterschutzverband: Bei einer plötzlichen Mieterhöhung sollte man unbedingt zum Mieterschutzverein oder Rechtsanwalt gehen, sich beraten lassen. Immerhin habe der Mieter drei Monate Zeit, um eine Erhöhung abzulehnen. "Die Zeit sollte man nutzen und nicht vorschnell handeln. Denn hat man erst einmal zugestimmt, ist das wie mit einem Vertrag. Der gilt dann."

 

Nicht mit dem Rasenmäher

 

Beim Verband Haus & Grund Frankfurt betrachtet man die Reform des Mietrechtgesetzes skeptisch. "Die Absenkung der Kappungsgrenze schafft keinen Wohnraum", sagt der Vorsitzende Hans-Jürgen Conzelmann. Man müsste zwischen beliebten Stadtteilen wie Westend und Nordend und unbeliebten Randbezirken unterscheiden. "Man kann nicht mit dem Rasenmäher über das Ganze hinwegfahren."

Ob die städtische Wohnungsbaugesellschaft ABG Holding ihre Mieten erhöhen will? "Nein", sagt Geschäftsführer Frank Junker. Das hat aber auch einen Grund. Die Kappungsgrenze von 15 Prozent gilt für die ABG bereits seit 2001. Das habe das Stadtparlament beschlossen, da der Wohnungsmarkt schon damals angespannt war.




Viewing all articles
Browse latest Browse all 41368