Eigentlich fing alles ganz harmlos an: Ein paar Bekannte aus dem Gallus verabredeten sich im April zu einem Fußballspiel des FSV Frankfurt und waren von der friedlich-freundschaftlichen Atmosphäre am Bornheimer Hang angetan. Zurück in ihrer Stammkneipe, entschlossen sie sich, den Fanclub "Hatschongelb" zu gründen.
Die am Tresen aufgesetzten Statuten zeigten schnell, dass die FSV-Fans aus dem Gallus vor allem darauf aus sind, nicht alles so ernst zu nehmen. Unter dem Motto: "Es fehlt immer das, was fehlt!", lautet etwa der erste Paragraf der Satzung: "Hatschongelb ist ein Fanclub, der die Sprache spricht, die gesprochen werden muss." Außerdem hat jedes Mitglied - inzwischen sind es mehr als 40 - eine höhere Funktion: etwa "Weltgeistbeauftragte", "Lottofee" oder "Raum-Zeit-Kontinuum-Beauftragter". Der "Geschäftsführer" Leon ist elf Jahre alt.
Bier mit Möhlmann
Beim letzten Heimspiel der Saison entdeckte ein Hatschongelb-Vereinsmitglied dann zufällig das abgelegte Kostüm von Franky, dem FSV-Maskottchen, und nahm kurzerhand einen Fuß mit. Nach kurzer Rückversicherung beim Fanbeauftragten, dass die FSV-Geschäftsführung Spaß versteht, schlug der "Geheimdienstchef" von Hatschongelb vor, eine Geiselnahme zu inszenieren. So schickten die "Entführer" aus dem Gallus unter dem Betreff "Wenn Ihnen Ihr Maskottchen Franky lieb und teuer ist, dann lesen Sie das" per Mail einen Forderungskatalog, Beispiele: "Der FSV spielt in der kommenden Saison in schwarzblauen Trikots" (das tut er ohnehin). "Wir wollen ein Bier mit Benno Möhlmann trinken."
Nicht erpressbar
Der Bornheimer Fußballverein bewies postwendend Humor. FSV-Geschäftsführer Jens-Uwe Münker antwortete keine zwei Stunden später: "Liebe Hatschongelbe, zunächst einmal möchte ich eins klarstellen: Ein FSV Frankfurt ist nicht erpressbar! Dies vorweggenommen, bin ich gerne bereit, eine Lösung zu finden. Sollte dies allerdings nicht gelingen, drohe ich jetzt schon an, dass Franky eine Fußprothese bekommt!"
In dieser Manier parierte Münker jede der insgesamt zwölf Forderungen. Zum Beispiel sei das Bier mit Benno Möhlmann "eventuell" drin, wenn ("unverhandelbar") der Fanclub zahle. Punkt 8 ("Insbesondere unsere Gleichstellungsbeauftragte verlangt, dass Franky aus seiner elenden sozialen Lage befreit wird und fürderhin eine einem Maskottchen gebührende ruhige Kugel schieben darf") wurde zurückgewiesen, weil Franky nur 17 Mal im Jahr arbeiten müsse und "also 348 Tage Jahresurlaub" habe, zudem "einen festen Arbeitsplatz und immer die neuesten Klamotten umsonst vom Verein. Hier fordere ich Gleichbehandlung und die gleichen Konditionen für alle Arbeitnehmer in Deutschland!" Die Forderung nach einer Pizza und einer Cola für das Maskottchen wies er ab: "Franky hat den Body-Mass-Index überschritten".
Nach einem persönlichen Treffen des "Präsidenten" von Hatschongelb Michael Stein und dem "Chefideologen" Jürgen Roth mit dem FSV-Geschäftsführer wurden sich beide Parteien handelseinig - Münker wurde sogar Mitglied bei dem Fanclub aus dem Gallus: Der Fuß wurde zum Trainingsauftakt der Profi-Fußballer übergeben, genau zwei Monate nach der Gründung von Hatschongelb.
Der Fanclub-Präsident hielt eine kurze Rede und überreichte im Stadion neben dem Fuß auch einen "Präsentkorb" mit unterschiedlichen gelben Artikeln wie Bananen, Uhu und einer Sonnenblume. "Chefideologe" Roth trug in Anlehnung an den Dichter Friedrich Gottlieb Klopstock eine "Ode an den FSV" vor.
Während Sportgeschäftsführer Uwe Stöver und Mannschaftskapitän Björn Schlicke gute Miene zum scherzhaften Spiel machten, aber während des lyrischen Vortrags nicht so recht zu wissen schienen, wo sie da reingeraten waren, nahm Jens-Uwe Münker auch das wieder mit Humor: "Das ist das erste Gedicht seit meiner Schulzeit!"