Quantcast
Channel: Rhein-Main
Viewing all articles
Browse latest Browse all 41368

Die mit dem Ball tanzt - Rollstuhlbasketballerin Maria Kühn

$
0
0

Maria Kühn sitzt in ihrem Rollstuhl vor der Turnhalle der Franz-Böhm-Schule. Nach und nach trudeln mehrere Rollifahrer ein, denn es trainiert hier die deutsche Nationalmannschaft der Männer im Rollstuhlbasketball. Auch zwei, drei Frauen des Frankfurter Bundesligavereins "Mainhatten Skywheelers", hieven ihre Sportrollstühle aus den Autos, um hier ein paar Körbe zu werfen.

Seit 2011 spielt Maria Kühn bei den "Skywheelers". Bereits zwei Jahre zuvor ging sie fürs Nationalteam auf Korbjagd. Und das mit Erfolg, denn die Liste ihrer Auszeichnungen ist lang: Olympisches Gold, zwei EM-Titel, das Silberne Lorbeerblatt (die höchste verliehene sportliche Auszeichnung in Deutschland) sowie die Ehrung als Behindertensportlerin des Jahres in Frankfurt.

Bei der Europameisterschaft, die heute beginnt und bis 7. Juli in der Eissporthalle über die Bühne geht, darf sie da natürlich nicht fehlen. "So eine Meisterschaft in meiner Stadt, das ist schon toll", freut sich Kühn. Dabei ist die Mainmetropole erst seit Anfang des Jahres Kühns Wohnort.

Während der ersten Zeit bei den "Skywheelers" pendelte die gebürtige Stuttgarterin dreimal die Woche. "Ich kam zu gar nichts mehr - weder zum Arbeiten noch zum Trainieren."

Familie und Freunde leben zwar noch im Schwabenländle, Kühn weiß aber, dass ihre Vertrauten immer für sie da sind. Das zeigte sich vor gut zehn Jahren. Nach ihrem Abitur verbrachte Maria Kühn ein Jahr in Chicago als Au-Pair. Bei einem Reitausflug stürzte die begeisterte Reiterin und verletzte sich einen Rippenwirbel. Seitdem ist sie querschnittsgelähmt. "Ich hatte keinen Kratzer, keinen blauen Fleck.

Das Problem war ein Bluterguss am Wirbel, der dort einfach wesentlich schlechter heilt, als an anderen Körperstellen", erklärt sie. Kühn wirkt völlig gefasst, als sie über den Unfall spricht, der ihr ganzes Leben veränderte. Gerade so, als würde sie über ihren Job als Ausbildungsleiterin bei einer Bank berichten. "Am Anfang denkst du, dass das Leben nicht mehr das ist, was es mal war. Aber dann fängst du an, um deine Selbstständigkeit zu ringen." Dass sie schnell wieder aus dem Tief heraus kam, habe sie der Unterstützung von Familie und Freunden zu verdanken. "Ich hatte wirklich Glück", sagt die 31-Jährige. Etlichen Leidensgenossen erging es schlechter, da gelang es dem Freund nicht, mit der Situation umzugehen und er zog sich zurück.

Trotz ihrer Behinderung kann die junge Frau fast alles tun, was "Fußgänger" auch können. "Zugegeben, skaten klappt nicht mehr", scherzt sie gut gelaunt. Kühn führt jedoch ein ganz normales Leben - wohnt alleine im Gallus ("auch wenn es sich noch nicht nach ’Zuhause’ anfühlt"), fährt Auto und ist auch abgesehen vom Rollibasketball sportlich aktiv. Etwa beim Ski-fahren und sie reitet immer noch. "Als ich in der Klinik war, wollte ich schon wieder aufs Pferd", erzählt sie.

Mit Bällen hatte sie dagegen vorher nichts zu schaffen. Und zum Basketball kam sie auch über Umwege - durch einen Freund, den sie beim Rollstuhl-Tanzen kennen- lernte. "Ein Ballgefühl zu bekommen, war das Schwierigste", erinnert sie sich. Inzwischen klappt das aber und Kühn blickt dem Wettbewerb optimistisch entgegen. "Nur die Holländer können uns gefährlich werden."




Viewing all articles
Browse latest Browse all 41368