Petra Seidler (49) bewegt sich vorsichtig entlang des Mainufers und über den Anlegesteg. Die Krankheit hat sie sichtlich geschwächt. Seidler hat Krebs, im Jahr 2008 erhielt sie die Diagnose. Die trotz Chemotherapie verbliebenen Metastasen in ihrem Körper lässt sie weiterhin mit jener zermürbenden Behandlung bekämpfen. Dennoch sind der Krebs und die Folgen der Chemo für sie längst kein Grund, sich nicht zu fordern.
Vor zwei Jahren hat Seidler das Rudern für sich entdeckt. Jener Sport ist für die Frankfurterin eine weitaus verträglichere Therapie. "Mir geht es nach jedem Training besser, ich habe dadurch weitaus mehr Energie", erzählt Seidler. Sie ist somit ein Sinnbild für die Botschaft der Regatta "Rudern gegen Krebs", dem ersten Wettbewerb des 4. Frankfurter Ruderfestes, das noch bis Sonntag am Holbeinsteg in Sachsenhausen steigt. Die Stiftung "Rudern gegen Krebs" möchte damit vor allem ein Zeichen setzen für Bewegung und Sport trotz Krankheit. Jahrhundertelang verordneten Ärzte Patienten Bettruhe für die Genesung. Heutzutage setzen immer mehr Mediziner auf das Gegenteil - mit Erfolg, wie das Beispiel Petra Seidler zeigt.
Diagnose niederschmetternd
Nach der Diagnose reagierte sie zunächst depressiv. "Ich lag phasenweise nur auf dem Sofa", erinnert sich Seidler. "Während der Chemotherapie im Krankenhaus Nordwest wurde ich dann gefragt, ob ich nicht Lust hätte, mit anderen Krebspatienten zu rudern. Ich wollte die Sportart ohnehin ausprobieren."
Seit zwei Jahren rudert sie nun einmal wöchentlich mit bis zu 15 anderen Krebspatienten auf dem Main bei Fechenheim. Einige der Leidensgenossen sitzen auch bei der Regatta mit Seidler in einem Boot.
Aus Sicht von Professorin Elke Jäger ist es gerade jene Verbundenheit beim Rudern, weshalb sich die Sportart für Krebspatienten so gut eignet: "Wie auch in der Onkologie ist es wichtig, mit vereinten Kräften auf ein Ziel hinzusteuern. Es geht nur im Team. Der Patient kann es nicht alleine. Beim Rudern kommt man auch nicht vorwärts, wenn jeder etwas anderes macht."
Jäger ist Chefärztin und Ärztliche Direktorin der Klinik für Onkologie und Hämatologie am Frankfurter Krankenhaus Nordwest und Vorstandsmitglied der Stiftung "Leben mit Krebs". Mit der von ihr ins Leben gerufenen Regatta "Rudern gegen Krebs" verfolgte sie von Anfang an das Ziel, Patienten Zugang zum Sport zu ermöglichen.
"Wir möchten damit auch der Angst gegen Krebs entgegenwirken. Viele Patienten gehen immer noch davon aus, dass nach Diagnose und Chemo nicht mehr viel kommt. Dabei können viele Krebskranke aufgrund heutiger Behandlungsmethoden noch viele Jahre leben", betont Jäger. Sport sorge darüber hinaus für mehr Motivation und eine höhere Leistungsfähigkeit.
Jeder kann mitmachen
Im Gegensatz zu aufwendigen Einzelsportarten könne beim Rudern zudem fast jeder mitmachen, meint Claudia Prasser, die das Training der Krebspatienten in Fechenheim leitet: "Beim Rudern mit anderen kann jeder selbst entscheiden, wie viel Kraft er aufbringt. Oft sind die Patienten zudem so sehr mit dem Sport beschäftigt, dass sie nicht mehr an die Krankheit denken", berichtet Prasser.
Nach dem Fassbieranstich am Mittwoch versammelten sich trotz Regen hunderte Menschen am Mainufer, um die Regatta "Rudern gegen Krebs" zu verfolgen. Am heutigen Freitag beginnt das Ruderfest um 10 Uhr mit den 4. Frankfurter Schulmeisterschaften im Rudern. Ab 14 Uhr läuft die Corporate Regatta der FRG Germania. Die Band "Soultrek" möchte ab 20 Uhr dafür sorgen, dass die Zuschauer am Mainufer bleiben.
Am Samstag starten die Ruderer bereits kurz nach Sonnenaufgang. Ab 7.45 Uhr laufen die Vorrennen der Prodyna Ruder-Bundesliga. Bis zum späten Abend wird gerudert. Zwischen und nach den Endläufen spielen die "Madhouse Flowers".
Der letzte Tag des Ruderfestes steht ganz im Zeichen der Rowing Champions League. Offizieller Beginn ist um 12 Uhr. Angekündigt haben sich Sprint-Spezialisten aus Oxford sowie Ruderer aus Wien. Die Soul-Größen Waymond Harding und Rock Cheyenne geben den Tag über verteilt gleich drei kleinere Konzerte am Mainufer.
Mehr Informationen über das Ruderfest finden sich auch im Internet unter www.ruderfest.de.