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War Georg Büchner Nationalist? - Referent Matthias Göbel setzte sich mit dem politischen Hintergründen des Künstlers auseinander

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Am 17. Oktober jährt sich der Geburtstag des Schriftstellers Georg Büchner zum 200. Mal. Dies und die Bildungsfahrt der Stadt Mörfelden-Walldorf am 12. Mai zum Hambacher Schloß waren der Grund für einen Vortrag im Walldorfer Rathaus. Der Vorsitzende der Georg Büchner Gesellschaft, Matthias Gröbel, wollte sich dabei vor allem mit den politischen Hintergründen im kurzen Leben des in Goddelau geborenen Künstlers auseinandersetzen.

"Wir wissen, dass er nicht beim Hambacher Fest war", sagte Gröbel zu Anfang. Dennoch habe es in seinem Leben eine Rolle gespielt, erklärte Gröbel und schuf damit eine Verbindung zu der Bildungsfahrt. "Es gab eine merkwürdige Konstanz in seiner Schreibweise von ,deutsch’ und ,Deutschland’", erklärte der frühere Lehrer. Büchner habe nämlich Zeit bis zu seinem Lebensende, er starb 1837 im Alter von 23 Jahren, diese Worte immer mit einem "T", also "teutsch" und "Teutschland", geschrieben.

Briefe verglichen

Das sei bei der Herausgabe seiner Werke, welche teilweise erst Jahrzehnte nach seinem Tod an die Öffentlichkeit drangen, nicht beachtet worden - selbst von seinem jüngeren Bruder Ludwig nicht. In den Druckausgaben sei daher die Schreibweise mit "D" zu finden.

Aus dieser Eigenheit leitete Gröbel die politische Grundeinstellung des jungen Hessen ab. Diese Schreibweise sei nämlich ein Merkmal der Nationalisten gewesen, die sich nach den Befreiungskriegen gegen Napoleon in Deutschland etabliert hatten. Und Gröbel glaubt, dass Büchner den nach einem vereinten Deutschland strebenden Nationalisten nahe stand.

So verglich er die noch erhaltenen Briefe an seine Eltern mit Passagen aus seinen literarischen Werken. Hierbei sind dem Büchnerfachmann einerseits die großen Übereinstimmungen der Brieftexte mit Texten aus dem Hessischen Landboten aufgefallen. Andererseits lassen die Inhalte einen Einblick in das politische Denken Büchners zu. So beschäftigte sich der Schriftsteller bereits mit sozialen Fragen. Eine Entwicklung, die von den französischen Frühsozialisten ausgelöst wurde. Sein Aufenthalt in Straßburg habe dies noch verstärkt.

Raum für Spekulation

Im Gegensatz zum provinziellen Darmstadt, wo seine Familie lebte, war die elsässische Stadt wesentlich weltoffener und zog viele Freidenker an. Gerade der Hessische Landbote, jene Flugschritt mit ihrem berühmten Aufruf "Friede den Hütten! Krieg den Palästen!" ist ohnehin die ergiebigste Quelle zu Büchners politischen Wirken. Nicht umsonst gilt der ursprünglich von Büchner verfasste und von Friedrich Ludwig Weidig redaktionell überarbeitete Bote als eines der wichtigsten Werke des Vormärz.

Bei allen Betrachtungen Büchners lässt die oft recht dürftige Quellenlage Raum für Spekulationen. Eine ganz interessante Variante wurde von den Schülern der Bertha-von-Suttner-Schule geliefert. In den Deutsch-Leistungskursen der Jahrgangsstufen 12 und 13 hatten sie sich Gedanken zu der Frage gemacht: "Was sagt uns Büchner heute, was würde Büchner uns heute sagen?" Dazu hatten sie einen Vortrag zu Büchners Wirken vorbereitet und eine Szene des "Woyzeck" umgeschrieben. Mit der Sprache der heutigen Jugend spielten sie einen Ausschnitt, der modern wirkte, aber dennoch als "Woyzeck" erkennbar war.




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