. Volles Haus in der Shell-Eco-Werkstatt der Friedrich-Dessauer-Schule. Am Mittwoch beginnt der viertägige Wettbewerb in Rotterdam. "Nackt" und aufgebockt auf einem Plastikkasten steht der Prototyp in einer Ecke des Raumes. Die abgenommene Glasfaserverkleidung liegt daneben an der Wand. "Wir mussten den Motor aufmachen, der war undicht", berichten die beiden Mechatroniker Julien Christ (19) aus Frickhofen und Aneeb Bai (20) aus Limburg.
Bai hatte das Projekt schon 2008 im Rahmen seiner allgemeinen Schulausbildung kennengelernt. Damals arbeiteten die Schüler an den Glaserfasern der Hülle. In der Zeit entstand auch der Wunsch, später als Lehrling mal dem Team beizutreten. In seinem Ausbildungsbetrieb arbeite er an Lkw. Vom Ölwechsel über Elektronik bis hin zu Reparaturen an Motor und Getriebe reicht sein Aufgabenfeld. Im Prinzip sei die Technik dieselbe wie beim Pkw, sagt der Azubi, nur größer. So bräuchte man auch schon mal einen Gabelstabler, um einen Motor raus zu nehmen.
Eine Strecke von 506 Kilometern pro Liter war das Teamergebnis im vergangenen Jahr. Steigungen, scharfe Kurven und zahlreiche Kanaldeckel hatten damals den Energieverbrauch in unerwartete Höhen getrieben. Glatte 100 Kilometer mehr, also über 600 Kilometer pro Liter, streben die Auszubildenden dieses Mal an. Dazu wurden am Fahrzeug eine Reihe von Verbesserungen vorgenommen. Sie sollen helfen, den Energieverbrauch zu senken. So wurde zum Beispiel der Motorkolben mit einer speziellen Lackierung versehen. Theoretisch käme er so auch ohne Motoröl aus, erklären die Teammitglieder. Sicherheitshalber werde man aber trotzdem Öl benutzen. Denn die Innenseite des Zylinders blieb unlackiert und könnte daher einen "Kolbenfresser" verursachen.
Bis zum Rennen will das Team auch noch das Kurbelgehäuse aufschneiden und verkleinern sowie ein größeres Antriebszahnrad einbauen. Dadurch sollen schnellere Beschleunigungen möglich sein, die helfen sollen, den Motor früher abzuschalten und so mehr Energie zu sparen, erläutert Teamleiter Detlef Jadatz.
Mehr Stabilität
Mehr Stabilität und weniger Reibungsverluste versprechen sich die Beteiligten außerdem vom Einsatz einer neuen Radnabe. Ein ehemaliger Schüler und Teilnehmer des Shell-Eco-Marathons am Lausitzring, Mark Thun (21) aus Kirberg, hatte die Verbindung zur väterlichen Werkzeugfirma hergestellt. Im Verlauf der Zusammenarbeit wanderte das neue Fahrzeugteil mehrmals zwischen Schule und Betrieb hin und her. Denn konstruiert wurde es von den Auszubildenden selbst.
An einem Alleinstellungsmerkmal der Limburger Schule arbeitet Christian Falk (18) aus Villmar. Der Elektroniker im zweiten Lehrjahr betreut nämlich den Leistungsprüfstand. Dort kann das gesamte Fahrzeug getestet und das Rennen mit Anfahren, Beschleunigen und Abbremsen simuliert werden. Die Messergebnisse helfen beim Feintuning. So kann man unter anderem Einspritz- und Zündzeitpunkte exakt einstellen.
In seinem Ausbildungsbetrieb, "Harmonic Drive" in Limburg, arbeitet er an der Elektronik von Präzisionsmotoren für den Werkzeugmaschienenbau und Medizintechnik. In der Regel bekäme er dort aber nie das gesamte Produkt zu sehen, erzählt der Jugendliche, deshalb sei die Arbeit am Ecomobil mal was anderes.
Steuern wird das Fahrzeug Philipp Schrödel (18) aus Merenberg. Für den Kfz-Mechatroniker im zweiten Lehrjahr ist es die Premiere hinter dem Lenkrad. Für das Rennen üben konnte er noch nicht. Entsprechend aufgeregt ist er vor dem ersten Mal. Ausgewählt werden die Fahrer nach Größe und Gewicht. Laut Regeln müssen sie wenigstens 50 Kilogramm schwer sein, sonst werden Bleigewichte beigepackt.
Schulleiter Karl Jung weist darauf hin, dass das Team bewusst nicht auf teamfremde Fahrer zurückgreift, sondern dass jemand im im Cockpit sitzt, der mit der gesamten Arbeit auch vertraut ist.
Ebenfalls am Projekt beteiligt sind Schüler des Wirtschaftsgymnasiums der benachbarten Peter-Paul-Cahensly Schule. Sie kontrollieren am Wälzlagerprüfstand, ob die Rolllager tatsächlich den Spezifikationen entsprechen. Es gibt Hunderte von verschiedenen Rolllagern, die die Lehrlinge auch noch tunen. "Da braucht man exakte Messwerte, um die besten Einstellungen zu erhalten", sagt Detlef Jadatz. Außerdem werden noch die Karosserie mit Lasertechnik abgemessen und die Stellwinkel der Räder angepasst, um die Stabilität des Fahrzeugs zu erhöhen. Schließlich soll es bei einem Aufprall auf ein Hindernis nicht umkippen.
Lions Club zahlt 5000 Euro
Mit 5000 Euro pro Jahr unterstützt der Lions-Club Limburg (neuerdings mit dem Zusatz Domstadt) seit 2011 das Projekt. Nach Angaben von Hanspeter Opel will der Club das Vorhaben über vier bis fünf Jahre nachhaltig unterstützen. Schließlich sollen auch immer neue Schülergruppen an das Thema herangeführt werden. Die Lions sind laut Opel mit den bisherigen Ergebnissen "sehr zufrieden". Für das Projekt spreche die große Begeisterung der Schüler und die Tatsache, das jenseits des normalen Schulbetriebs der sportliche Wettbewerb sowie ein Wissenstransfer gefördert werden.
Man lege aber Wert darauf, eine Schulmannschaft und kein Universitätsteam mit einem Etat von 500 000 Euro zu sein, betont Karl Jung. Deshalb bewege man sich auch bewusst in anderen Leistungsdimensionen. Wichtig sei der Team-Gedanke, ergänzte Detlef Jadatz. In Rotterdam zelte man schließlich mehrere Tage lang gemeinsam, erledige die Einkäufe und lerne sich so auch außerhalb des Schulalltags kennen.