Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten kam es ab März 1933 zur systematischen Verfolgung von marxistischen, jüdischen oder progressiven Schriftstellern. Die "Aktion wider den undeutschen Geist" gipfelte am 10. Mai 1933 in einer national organisierten, öffentlichen Bücherverbrennung am Berliner Opernplatz und in 21 weiteren Universitätsstädten.
Gegen das Vergessen der verbrannten Werke der Autoren und Komponisten wendet sich der Aktionstag "Verbrannt - aber nicht vergessen." Die Leseaktion zur Erinnerung an den Auftakt der kulturellen Säuberung wurde am Dienstag mit einem Abend in der Musikschule Neu-Isenburg in den Räumen an der Hugenottenallee abgeschlossen. "Es ist sehr erfreulich, dass es auch Veranstaltungen gibt wie diese hier", lobte Sylvia Asmus, Leiterin des Exilarchivs der Deutschen Nationalbibliothek in Frankfurt. Die Erinnerung an die Bücherverbrennungen habe es schon im Exil gegeben. Die gesellschaftliche Aufarbeitung startete aber erst 1960 richtig.
Die letzte Chance
Sylvia Asmus war die erste Referentin des Abends. Innerhalb ihres Vortrags "Literatur des Exils" sprach sie über die verfemten Autoren Rudolf Olden, Maria Leitner und Heinz Liepmann. Sie alle mussten wegen ihrer anti-nationalsozialistischen Einstellung ins Ausland fliehen. "Die Aufnahmeländer waren oft die letzte Chance. Ob das neue Leben gelang, hing von Zufall, persönlicher Beschaffenheit und dem sozialen Status ab", beschrieb Sylvia Asmus die Situation der Exilanten. In den deutschen Archiven erhielten die verfemten Autoren nun Asyl, so Asmus. "Im Übergang zwischen kommunikativem und kulturellem Gedächtnis kommt den Archiven eine besondere Rolle zu." Sie leisteten Mittlungsarbeit, und "in den vergangenen Jahren hat sich viel bewegt".
Die ebenfalls verfemten und weitgehend in Vergessenheit geratenen Komponisten Erwin Schulhoff, Hanns Eisler und Paul Hindemith wurden im Anschluss von der Musikwissenschaftlerin Ulrike Fröhlich sprachlich und musikalisch vorgestellt. Sie spielte dazu Fagott und wurde von Musikschulleiter Thomas Peter-Horas am Piano unterstützt. Die Verdrängung "entarteter" Musik schritt schleichender fort, als die der Schriftsteller, denn Musik kann zweideutig sein. "Es war das sogenannte Jüdische, das als Unterscheidungskriterium herhalten musste," führte Ulrike Fröhlich aus.
Sieben Klavierstücke
"Entartete" Akkorde waren jüdisch. Sogar Felix Mendelssohn bartholdywurde verboten, obwohl er Richard Wagner wieder entdeckte. "Das zeigt die musikalische Ahnungslosigkeit Hitlers", sagte Fröhlich. Mendelssohns op. 109 und die Fagott-Sonate Hindemiths wurden von ihr und Peter-Horas präsentiert. Die "Esquisse de Jazz" von Schulhoff, "Sechs kleine Klavierstücke" von Schönberg und das zweite der "Sieben Klavierstücke" von Eisler präsentierte Peter-Horas am Piano. Vor dem Hintergrund der Frage, was verfemte Komponisten und Autoren noch hätten produzieren können, seien die Nachwirkungen des Dritten Reichs immer noch spürbar, so Fröhlich.