Die Zellen heißen jetzt Zimmer, und jeder Insasse hat auf insgesamt 22 Quadratmetern gleich zwei davon: Die Sicherungsverwahrten in Hessen haben in der Haftanstalt im südhessischen Weiterstadt neue Räumlichkeiten. Am Freitag hat sie Justizminister Jörg-Uwe Hahn (FDP) vorgestellt.
Auf drei Stationen eines umgebauten Gebäudes sind derzeit 37 Menschen - darunter sechs aus Thüringen - untergebracht. Anfang nächsten Jahres werden sie dann in die JVA im nordhessischen Schwalmstadt umziehen, wo derzeit für fast 15 Millionen Euro in Kooperation mit Thüringen ein neuer Trakt mit 60 Plätzen entsteht.
Sicherungsverwahrte sind keine Gefangenen im eigentlichen Sinne: Sie habe ihre Haftstrafen verbüßt, bleiben aber eingesperrt, weil sie weiter als sehr gefährlich gelten. Oft befinden sich die Insassen - darunter auch verurteilte Mörder oder Sexualstraftäter - seit Jahrzehnten hinter Gittern.
Doch für immer einfach Wegsperren geht nicht, hat das Bundesverfassungsgericht 2011 entschieden. Den Bundesländern wurde eine Reform der Unterbringung zur Auflage gemacht, die bis zum 1. Juni umgesetzt werden muss. Das Leben von Sicherungsverwahrten soll sich mit Blick auf eine mögliche Entlassung deutlich von der üblichen Strafhaft unterscheiden, verlangten die Richter.
In Weiterstadt haben die Sicherungsverwahrten jetzt mehr Freiheiten, sie sind auch nicht mehr zum Arbeiten verpflichtet und erhalten auch vielfältige Therapieangebote. Sie dürfen in drei Zimmern Besuch empfangen, viermal im Jahr können sie unter Bewachung die Anstalt verlassen. Sie können gemeinsam kochen, und für den gemeinsamen Wohnbereich wurden Sitztisch und Couchgarnitur bei Möbelhäusern ausgesucht.
Die Sicherungsverwahrten sollen damit den sozialen Umgang miteinander lernen. «Ziel ist es, ein selbstverantwortetes Leben zu führen», sagt Doris Breuer-Kreuzer von der JVA Schwalmstadt, die für die Sicherungsverwahrten im Trakt in Weiterstadt zuständig ist.
Soweit die Theorie, die Realität ist weit schwieriger. Viele haben nach all den Jahren hinter Gittern keinen Kontakt mehr nach draußen. Sie gelten als schwer resozialisierbar, wie der Justizminister sagt.
Und viele Sicherungsverwahrte sind einfach frustriert, weil sie schon lange nicht mehr an eine Entlassung glauben. Trotz neuer Räumlichkeiten und besserer Angebote ist deshalb die Stimmung in Weiterstadt alles andere als gut. «Beschissen», sagt einer der Sicherungsverwahrten zu seiner Situation. Genau 243 Monate sitzt er im Gefängnis, wie er berichtet.
Wie viele Sicherungsverwahrte in Hessen wieder freikommen, darüber hat Abteilungsleiterin Breuer-Kreuzer keine genauen Zahlen. Es sind aber in den vergangenen Jahren sehr wenige gewesen.
Bleibt die Frage, ob es künftig mehr werden. 51 Sicherungsverwahrte gibt es derzeit in Hessen, 49 Männer und zwei Frauen. Die meisten sind in Weiterstadt, ein Teil ist in der Sozialtherapeutischen Anstalt Kassel untergebracht.