Unter dem Thema "Lebenslied" nach dem gleichnamigen Gedicht von Hugo von Hoffmannsthal stellt Carmen Erlenbach vom 3. bis 28. Juni im Foyer des Landratsamts Groß-Gerau einige ihrer Gemälde aus. Gezeigt werden überwiegend gegenständliche Motive in Öl auf Leinwänden, aber auch Aquarelle, Mischtechniken sowie eine experimentelle Arbeit. Zu den Exponaten zählen Porträts von Menschen und Tieren, Abbildungen aus Tausendundeinernacht, eigenwillige Stillleben und Hände, die zum Gebet gefaltet sind, ebenso ein Männer-Akt und eine neunteilige Arbeit, die in einzelne perspektivisch verfremdete Ausschnitte untergliedert sind.
Die Ausstellung zeigt facettenreiche Momentaufnahmen von der Jugend bis ins hohe Alter aus verschiedenen Kulturkreisen. Daneben thematisiert sie Leben, Liebe, Leiden und Leidenschaft, das Werden und Vergehen sowie Entwicklungsstufen und Metamorphosen.
Malerische Verfremdung
Viele ihrer Motive bringt die Journalistin und Fotografin mit ihrer eigenen Kamera von beruflichen Terminen mit. Malerei stellt Motive anders dar als Fotos. Sie interpretiert die mit der Kamera dokumentierten Bilder, die sie sieht und ablichtet. Das Malen aber schafft Erkennungsmerkmale wie Einzelteile, geometrische Figuren, Proportionen und Maße sowie Veränderungen. Sie prägen jenseits der Realität als spezielle Stilistik jede Arbeit und machen Verborgenes sichtbar. Malerische Verfremdungen bedeuten Erlenbach den Verzicht auf Notwendiges, um Überflüssiges notwendig zu machen und individuelle Impressionen zu schaffen.
Bis Mitte der 1990er Jahre malte und zeichnete Erlenbach überwiegend in Aquarelltechik, die sie mit Tusche, Faserstiften und anderen Materialien kombinierte. Nebenbei entstanden erste Experimente mit zunächst gespachtelten Ölfarben.
Spiegel der Seele
Ihr Ziel waren Ende der 1980er Jahre Ganzkörperabbildungen in Mischtechniken wie Kombinationen aus Scherenschnitten und Aquarellen von Menschen, das sich in den 1990er Jahren schrittweise über aquarellierte Brustbilder zum gesteigerten Interesse an Porträts in Öl annäherte. Erste Ölporträts entstanden Mitte der 1990er Jahre. Sie wurden zunächst mit Wachsmalkreiden kombiniert.
Zunehmend konzentrierte sich Erlenbach bei Porträts auf den Gesamtausdruck von Gesichtern und die Augen als Spiegel der Seele, verabschiedete sich von Detailverliebtheit, wie der Darstellung individueller Merkmale und setzte trotz aller Gegenständlichkeit mit einem spielerischen Umgang mit Farben und Pinseln neue Akzente. Jedes Porträt basiert auf der Symbiose eines Farbdreiklangs.
Motive vor schwarzem Hintergrund reizen Erlenbach, weil eine dunkle Kulisse die Farben zum Leuchten bringt und so das berühmte "innere Licht" schafft, das sich normalerweise nur mit Aquarellfarben erzeugen lässt.
Carmen Erlenbach wurde am 8. Juli 1960 in Gelnhausen geboren. Bereits als Schülerin genoss sie in ihrer Heimatstadt privaten Kunstunterricht bei dem Maler Gottfried Galle sowie dem Künstler Wolfgang Schlagbauer. Mitte der 1970er Jahre entstanden erste Tusche-Federzeichnungen und Aquarelle. Sie hat seit 1989 zahlreiche Einzelausstellungen im Inland sowie in Le Teil/Frankreich absolviert. 1992 gründete sie die freie Künstlergruppe in Raunheim.
1993 zog Erlenbach in das Rhein-Main-Gebiet, um dort ihrem Beruf als Journalistin und Fotografin nachzugehen. Seit dem Jahr 2000 lebt sie in Raunheim und berichtet überwiegend für die Frankfurter Neue Presse.
Das Interesse an der Porträtmalerei erwachte in Erlenbach Ende der 1980er Jahre mit der Erstausstrahlung des Filmdramas "Christus kam nur bis Eboli" im Deutschen Fernsehen nach dem Buch von Carlo Levi.
Die Ausstellung "Lebenslied" kann während der Öffnungszeiten im Landratsamt montags, dienstags, donnerstags und freitags von 8 bis 12 Uhr sowie mittwochs zwischen 14 und 18 Uhr kostenlos besichtigt werden.