Die hessische NPD wird morgen im Ostend aufmarschieren. Anders als zunächst angekündigt will die rechtsextremistische Partei keine Beschwerde gegen die von der Stadt verhängten Auflagen einlegen. Diese sehen eine Verlegung der angemeldeten Kundgebung in die Ferdinand-Happ-Straße hinter dem Ostbahnhof vor. Ursprünglich hatten die NPD-Mitglieder vor der Europäischen Zentralbank (EZB) im Bankenviertel demonstrieren wollen. Das Ordnungsamt lehnte diesen Ort aber aus Sicherheitsgründen ab (wir berichteten).
Die NPD-Kundgebung ist für die Zeit von 10 bis 19 Uhr angemeldet. Nach Angaben des NPD-Landesvorsitzenden Dieter Knebel soll sie um 12 Uhr beginnen und "bei einem reibungslosen Ablauf" etwa drei bis vier Stunden dauern. Dass die Rechtsextremisten ungestört demonstrieren können, ist allerdings nicht zu erwarten: Linksgerichtete und antifaschistische Gruppen von radikal bis gemäßigt machen seit mehreren Wochen mobil, um die NPD-Kundgebung zu blockieren oder auf andere Art ein Zeichen gegen Rechtsextremismus zu setzen.
Trennung der Lager
Die Zahl der Gegendemonstranten wird die Zahl der Rechtsextremisten wie üblich bei weitem übertreffen. In der Vergangenheit ist mehrfach deutlich geworden, dass bei einem Aufeinandertreffen rechts- und linksradikaler Aktivisten mit handgreiflichen Auseinandersetzungen zu rechnen ist. Die Stadt begründete ihre Ablehnung einer NPD-Kundgebung im Bankenviertel denn auch damit, dass die Polizei die Trennung der beiden Lager vor der EZB und bei der An- und Abreise über den Hauptbahnhof nicht ohne weiteres gewährleisten könnte.
Ob die Situation am Ostbahnhof besser ist, wird sich morgen zeigen. Feststeht, dass die Polizei mit Tausenden Beamten präsent sein wird. Die Anti-Nazi-Koordination hat nach Angaben ihres Sprechers Hans Christoph Stoodt "eine ganze Reihe von Straßen und Plätzen" für eine Gegenkundgebung von 10 bis 16 Uhr angemeldet. "Eine Verfügung der Behörden hiergegen liegt nicht vor."
Die Anti-Nazi-Koordination gehört zum Antifaschistischen Ratschlag Rhein-Main. Das Bündnis aus mehr als 110 Gruppen und Unterzeichnern will mit Blockaden und anderen Aktionen zivilen Ungehorsams verhindern, dass die Rechtsextremisten zu ihrem Versammlungsort gelangen. Außer dem Ratschlag rufen noch mehrere andere Bündnisse dazu auf, den Aufmarsch zu verhindern. Das eigens gegründete, linksradikale Bündnis "Stürmische Zeiten" mobilisiert obendrein zu einer "sozialrevolutionären Demonstration". Diese soll im Anschluss an die NPD-Kundgebung stattfinden und ein Zeichen "für die Überwindung der kapitalistischen Gesellschafts- und Eigentumsordnung" setzen.
Die bislang nicht angemeldete Demo dürfte der Polizei fast noch mehr Sorge bereiten als der NPD-Aufmarsch. Nach der Räumung des besetzten Hauses im Kettenhofweg, wo das linke Studentenprojekt IvI seinen Sitz hatte, war es am Dienstagabend zu heftigen Ausschreitungen in Frankfurt und Hamburg gekommen. Dass sich auch morgen Hunderte Krawallmacher in Frankfurt einfinden werden, die es auf "Randale und Bambule" abgesehen habe, steht außer Frage.
Parallele Veranstaltung
Für Verwirrung sorgte gestern eine Anmeldung für den 1. Mai, die die NPD-Jugendorganisation beim Wiesbadener Ordnungsamt einreichte. Behördenleiter Winnrich Trischel sagte auf Nachfrage, dass es um eine Versammlung am Nachmittag gehe, will aber erst heute nähere Angaben machen. In linken Kreisen wurde über ein "Ablenkungsmanöver" der NPD und vereinzelt über eine "Verlegung" der Frankfurter Demo nach Wiesbaden spekuliert. Das Motto der Euro-kritischen Kundgebungen in beiden Städten ist dasselbe: "Genug gezahlt, wir sind keine Melkkuh Europas".
Für die hessische NPD dürfte die Demo ein Versuch sein, vor der Landtagswahl ihre Handlungsfähigkeit zu demonstrieren. Sicherheitsexperten schätzen die Zahl der Mitglieder in Hessen auf 280, zuletzt wurde die NPD allerdings durch Überläufer zur neugegründeten Partei "Die Rechte" stark geschwächt.