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Im "Paralleluniversum" - Besucher schauen in die Bunker des Munitionslagers - Sicherheit beruhigt TZ-Leser

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"Und wo haben Sie die Atomraketen?" Oberstleutnant Hans-Georg Kunz ist auf die Frage des Mannes, der eine kurze Regenjacke in dezentem Tarnmuster trägt, offensichtlich vorbereitet. "Die großen oder die kleinen?", fragt er zurück. Nein, das Munitionslager im Wehrheimer Wald sei nie für Atomwaffen ausgelegt gewesen.

Kunz steht inmitten der Munitionsmustersammlung. Das Lager hat zum ersten Mal seine Türen für angemeldete Besucher geöffnet. 65 Leser der Taunus Zeitung sind dabei. "Wir reiten und laufen hier permanent um diesen Zaun herum und möchten endlich wissen, was sich dahinter verbirgt", sagt Patricia Hofmann-Bastian aus Kransberg, die zusammen mit ihrer Freundin Ulrike Kupka aus Oberursel gekommen ist.

Die Munition in der Mustersammlung ist nicht scharf. Das meiste davon wird sowieso nicht im Depot gelagert, manches davon ist längst geächtet. Trotzdem müssen sich die Feuerwerker, wie die Munitionsspezialisten bei der Bundeswehr heißen, damit auskennen - falls irgendwo entschärft werden muss.

"PzAbwHw" steht auf einem der Schilder. Beweis für den "Aküfi", den Abkürzungsfimmel, der bei der Bundeswehr beliebt sei. Das werden die Besucher später von Friedhelm Weicker erfahren. Er ist Oberstleutnant der Reserve und Mitglied des Kreisverbindungskommandos (KVK), das sich als Schnittstelle zwischen der Bundeswehr und dem zivilen Katastrophenschutz versteht.

"PzAbwHw" steht übrigens für Panzerabwehrhandwaffe. Ein älterer Herr, der offensichtlich bei der Bundeswehr war, entziffert das sofort. Viele Besucher kennen sich aus wie er, andere waren noch nie so direkt mit dem Thema befasst. In einem Einführungsvortrag hat Hauptmann Thomas Gross, Leiter des Depots, zuvor den Besuchern das Wichtigste über das Lager erzählt. Unter den Zuhörern sind Vertreter unter anderem vom Katastrophenschutz, aus Behörden, Verwaltung und politischen Gremien. Auch Wehrheims Bürgermeister Gregor Sommer (CDU) ist bei der Tour dabei.

Mit Pendelbussen werden die Gruppen zu den verschiedenen Punkten gefahren. Die meisten Besucher sind beeindruckt von dem Ausmaß des Geländes.

 

"Die beißt nicht"

 

Vor dem Bunker mit der Hausnummer A1G wartet Jörg Wurmbach, Herr über 300 Munitionsbunker. A steht fürs Lagergebiet, 1 für die Straße, G für das entsprechende "Haus". "Die Adresse des Bunkers", sagt Wurmbach. Er bittet die Gruppe hinein: "Die Munition beißt nicht." Er klopft gegen ein Metallgeschoss und sagt, dass nichts passieren könne. "Wir haben hier höchsten Sicherheitsstandard", hat Hauptmann Gross den Besuchern mit auf den Weg gegeben. In jedem Bunker würde nur soviel gelagert, dass keine Gefahr für den nächsten bestehe, sollte etwas in die Luft gehen.

Apropos Luft: Die ist hier im Bunker trocken und hat nahezu konstant im Winter wie im Sommer zwischen 15 und 18 Grad. Wurmbach erklärt die Sicherheitsvorschriften wie die, dass nie jemand allein den Bunker betreten darf. Und er weist auf die elektronische Überwachung an den Stahltoren hin. Ein Eindringling hätte im Depot keine Chance.

Wenn sich doch einer über den Zaun traut, macht er möglicherweise unliebsame Bekanntschaft mit Wachhund Buddy und seinen Kollegen. Wie gut der Schäferhund seinen Job beherrscht, bekommen die Besucher in einer eindrucksvollen Vorführung zu sehen. Für den Knuddelfaktor ist Hans zuständig. Der 13 Wochen alte Sohn von Buddy wird jetzt schon spielerisch ausgebildet, damit er in Vaters Fußstapfen treten kann.

Nach mehr als drei Stunden voller neuer Eindrücke ist bei vielen Besuchern das komische Gefühl geschwunden, das sie beim Anblick des Depotzauns immer hatten. "Wie ein Paralleluniversum" hat Ulrike Kupka das Depot erlebt. Das Nebeneinander von Munition, Technik und Natur habe sie beeindruckt. Ihre Freundin Patricia Hofmann-Bastian findet das Depot nicht mehr so beängstigend, seit sie die Sicherheitsvorkehrungen gesehen hat.




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