Lange bevor die Wohnungsnot in Frankfurt grassierte, verwalteten römische Siedler jenes Gebiet, das heute als Römerstadt bekannt ist und Heddernheim mit Praunheim verbindet. Bis vor etwa 1 700 Jahren hieß die Siedlung noch Nida und war Teil der Verwaltungseinheit Civitas Taunensium in der Provinz Germania superior. Sie wurde zum Handel genutzt und diente der Verteidigung gegen die Germanen. Letztere stellten sich nach vielen Gefechten jedoch als übermächtig heraus. Um das Jahr 260 nach Christus verließen die Römer Nida und das gesamte rechtsrheinische Gebiet.
Im Krieg und der Flucht finden sich wohl die Gründe, warum der Steinkeller, der bereits im Herbst vergangenen Jahres bei Bauarbeiten in der Römerstadt gefunden wurde, mit römischem Schutt gefüllt und planiert war. Genau lässt sich das nicht rekonstruieren. Als wahrscheinlich gilt die Annahme, dass der Keller für kultische oder religiöse Zwecke benutzt wurde - Steinsockel,
auf denen Altäre gestanden haben könnten, weisen darauf hin.
Injedem Fall gehöre der Keller zu den Seltenheiten römischer Relikte, weil er aus Stein hergestellt wurde, erklärt Bürger meister Olaf Cunitz (Grüne), der den Fund zusammen mit Dr. Andrea Hampel, Leiterin des Denkmalamtes, präsentierte. Die Entdeckung sei daher eine der bedeutends-ten Fundstellen im Stadtgebiet und sogar innerhalb der ehemaligen römischen Provinz. Hampel weist zudem auf die ausgefallene Bauweise mit einer massiven Schwellen- und Zargenkonstruktion hin, welche die Eingangstür sicherte. Auch die schiere Größe des Raumes sei bemerkenswert: "Der Keller ist ungefähr dreimal so groß wie damalige Durchschnittskeller in Privathäusern", sagt sie.
"Deutsches Pompeji"
Die Besonderheit des Fundes ist auch Roland Reuff und Manfred Piehl vom Archäologischen Forum Nida deutlich. "Ein Bodendenkmal, wie man es sich nicht vorstellen kann", bezeichnet Reuff den Ort, der auch "deutsches Pompeji" genannt wird. Aus diesem Grund weisen Reuff und Piehl auf den früheren Umgang mit den kulturellen Bodenschätzen hin: So ließ der Frankfurter Siedlungsdezernent Ernst May zwischen 1927 und 1929 die Römerstadt errichten, um Wohnraum zu schaffen. Dabei überbaute man den südlichen Teil des ehemaligen Nida. Die größten Verluste erfuhr das Denkmal aber zwischen 1961 und 1973, als auf 500 000 Quadratmetern die Nordweststadt mit ihren Hochhäusern, Tiefgaragen und der U-Bahntrasse gebaut wurde. Zu dieser Zeit kümmerte man sich auch wenig um wissenschaftliche Dokumentation, weshalb der allergrößte Teil des Erbes für immer verloren ist. Cunitz und Hampel beeilen sich daher, einen sachgerechten Umgang mit den antiken Relikten zu beteuern.
Besonders für Cunitz, den städtischen Planungsdezernenten, eröffnet sich damit ein Interessenkonflikt: Frankfurt benötigt jeden freien Quadratmeter für neue Wohnungen. Zudem bräuchte es einen Geldbetrag in Millionenhöhe, um das 5 000 Quadratmeter große Areal der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben abzukaufen, es archäologisch zu erschließen und museal zugänglich zu machen - angesichts leerer Stadtkassen ein unwahrscheinliches Szenario.
Bebauungsplan
Nicht von ungefähr kommt daher Cunitz’ und Hampels Herumdrucksen bezüglich der weiteren Pläne für das Gelände um den Keller. Sie verweisen auf einen gültigen Bebauungsplan, dem laut Hampel aber noch die Details fehlten. Dass über dem römischen Steinkeller bald ein Wohnkomplex moderner Prägung stehen wird, will sie daher nicht bestätigen. Stattdessen erklärt sie, dass museale Gestaltung von Denkmälern nicht Sache des Denkmalschutzes sei - und ein Zuschütten manchmal der bessere Weg, etwas für die Zukunft zu erhalten.