Mit einer schallenden Ohrfeige für einen Ermittler des Landeskriminalamtes (LKA), der sich selbst als "Spezialist für Archäologie, Hehlerei von Kunstschätzen und Kulturgütern" bezeichnete, endete das Verfahren wegen Hehlerei gegen einen 67-Jährigen aus Dreieich. Das Schöffengericht Darmstadt fasste dessen Ermittlungen so zusammen: "Wenig zielgerichtet, zu pauschal, wichtige Zeugen nicht vernommen, wenig sachlich."
Damit kam es zum Freispruch für den Kunst- und Antiquitätenhändler Wolfgang W. aus Dreieich. Zehn Jahre lang war der 67-Jährige mit den Ermittlungen des "Spezialisten" konfrontiert. Die international renommierte Frankfurter Sachverständige Barbara Deppert-Lippeltz hatte die Angaben des LKA-Experten vorher nach allen Regeln der Kunst in der Luft zerrissen. "Es gibt in Kreisen der Antiquitätenhändler kaum exakte Herkunftsangaben für alte Kunstschätze. In den Museen finden sich unter den Schaustücken meist nur Hinweise wie ,gefunden in Bayern vermutlich im …ten Jahrhundert’. Damit geben sich sogar die Museen zufrieden. Wenn dem nicht so wäre, müsste jeder Museumschef als Kunsthehler angesehen werden."
Besonders bemängelte das Schöffengericht Darmstadt unter Vorsitz von Richter Beil, dass wichtige Zeugen von dem LKA-Ermittler einfach nicht gehört worden seien. Das sei nicht nötig, meinte dieser auf Nachfrage. Denn: "Wir wissen sowieso, wie es läuft". Genau dies bestritt die Sachverständige. Seit 300 Jahren etwa, so ihre Angaben, seien erst von Adligen, dann auch vom Bürgertum, Kunstgegenstände aus dem alten Griechenland, dem Orient und Afrika gesammelt worden. Wie sie in den Besitz der Sammler kamen? Darüber wisse niemand mehr etwas Genaues.
Seriöse Quellen
Aber sogar Museen handelten mit dieser "Ware Kunst". Dabei bedienten sie sich der Dienste von Händlern wie Wolfgang W. in Dreieich. Der nehme, wie alle anderen auch, aus seriösen Quellen alte Stücke in Kommission und biete sie in den Auktionshäusern in aller Welt an. Würden sie verkauft, erhalte er eine Provision. Wolfgang W. habe an und von international renommierten Museen und Stiftungen Kunstschätze an- und verkauft.
Dabei bescheinigte die Frankfurter Sachverständige dem Mann aus Dreieich, dieser habe noch mehr Sorgfalt walten lassen, als gefordert, denn er habe seine Geschäfte nur gegen Quittungen, Kunstzertifikate oder Herkunftsbescheinigungen abgewickelt. Weit länger als vorgeschrieben, nämlich über zehn Jahre, habe er bei Auslandsgeschäften die Zollbescheinigungen und Anmeldungen beim Finanzamt aufbewahrt.
Allerdings räumte auch die verfahrensentscheidende Sachverständige ein, sei die Herkunft von Kunstgegenständen nicht immer 100-prozentig nachzuweisen. Sie nahm als Beispiel einen von vier angeklagten Fällen: eine Silberschale aus Moldawien am Schwarzen Meer, angeblich im Besitz von Rheinland-Pfalz. Diese Schale passe zu Fundstücken, die sich in der Tat in Mainz befänden. Aber gleiche Schätze fänden sich, aus dem Fundgebiet des St. Gotthard stammend, in schweizerischen Museen.
Schlampereien
"Dass diese für 630 000 Euro an eine amerikanische Sammlung gegangene Schale illegal erworben wurde und eigentlich der Republik Moldawien gehört, war wegen Schlampereien und Unkenntnis bei den Ermittlungen nicht zu beweisen", so die Sachverständige. Denn es gebe nicht nur die Republik Moldawien, sondern zwei weitere Gebiete gleichen Namens am Schwarzen Meer. Dort sei allerdings vom Experten des LKA nicht nachgefragt worden. Ihm reichte als "Beweis" ein Brief der Republik: "Schale könnte uns gehören."
Ähnlich sei es mit drei weiteren wertvollen antiken Stücken gewesen, die unter anderem an die Getty-Stiftung gingen. "Die Geschäfte waren völlig legal und sind lückenlos, so weit das im Kunsthandel möglich ist, dokumentiert", fand die Sachverständige. So sah es auch das Schöffengericht. Richter Beil sprach Wolfgang W. frei und brummte die Verfahrenskosten der Staatskasse auf.