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Finale furioso beim Studium Generale

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Jedem Konzertbesucher ist spätestens jetzt die Herkunft unserer Nationalhymne kein Geheimnis mehr - wenigstens, was die Melodie betrifft. Wie das? Für die Antwort muss ein größerer Bogen geschlagen werden. Auch zum Abschluss des fünften Semesters des Studiums Generale an der Volkshochschule gab es ein Konzert, in diesem Fall aus der Klassik, passend zum Thema Aufklärung und Klassik. Was also lag näher, als Beispiele aus der Frühklassik beziehungsweise von deren Ende zu wählen und - 88 Tage vor der Bundestagswahl - Blick und Ohr auf unsere Hymne zu werfen.

Als das erste Musikbeispiel erklang, ging auch sofort ein erkennendes Lächeln über alle Gesichter. In seinem Streichquartett Nr. 77 C-Dur, dem sogenannten Kaiserquartett, hatte Joseph Haydn (1732-1809) nämlich das Lied "Gott erhalte Franz den Kaiser" verarbeitet, mit dem er so ungeheuren Erfolg hatte, dass er es selbst als seine liebste Komposition bezeichnete, und das wir seit 1922 - mit anderem Text natürlich (Hoffmann von Fallersleben) - und seit 1952 nur noch mit der dritten Strophe als unsere Hymne singen.

Hovhannes Mokatsian (1. Violine), Sha Katsouris (2. Violine), Peter Zelienka (Viola) und Arnold Ilg (Violoncello) spielten das gesamte Quartett in vier Sätzen sehr homogen, technisch brillant und musikalisch überzeugend. Durch die informativen Erklärungen von Karl-Werner Joerg waren die Zuhörer in der Lage, die Musik als Kenner zu hören. Vor allem das gesangliche Adagio wurde mit seinen vier Variationen um das Kaiserlied voll Inbrunst und Schmelz gespielt.

Das "Russische Quartett"

Ludwig van Beethovens (1770-1827) Streichquartett Nr. 8 e-Moll op. 59,2 - eines der drei dem russischen Diplomaten Rasumowski als dem Geldgeber gewidmeten und auch als "Russisches Quartett" bezeichnet - stand als zweites Werk auf dem Programm. An die Bewegung der Gestirne habe Beethoven beim Komponieren gedacht, erklärte Joerg, habe die Sterne beobachtet und sich dabei die Sphärenharmonien vorgestellt. Entstanden ist eine höchst anspruchsvolle Musik, die nur noch in ganz kleinen Passagen an die Lieblichkeit bei Haydn erinnert, ansonsten aber meist eine herbe Auseinandersetzung mit dem schweren Schicksal des bereits ertaubten Komponisten, aber auch Aufbegehren, Herausforderung und Seelentiefe darstellt.

Die heutigen Mitglieder des Hába Quartetts, das seit 1946 mit wechselvollem Schicksal besteht und nach dem zeitgenössischen tschechischen Komponisten Alois Hába benannt ist, sind allesamt Musiker des hr-Sinfonieorchesters und arbeiten seit mehr als zehn Jahren zusammen. Mit Leidenschaft und großer Tiefe musizierten sie dieses sehr berührende große Werk. Besonders der vierte Satz, das finale Presto, ein äußerst komplexes musikalisches Gebilde, erforderte den ganzen Körpereinsatz der vier Musiker. Entsprechend brandete der hochverdiente Beifall auf!




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