Wer kennt ihn nicht, den Spontispruch aus den 80er Jahren: "Bei uns kommt der Strom aus der Steckdose" - so wurde die teilnahmslose Haltung vieler Bürger zur Atomstrom-Debatte verballhornt. In Bad Homburg könnte es künftig heißen: "Bei uns kommt der Strom vom Dach". Die Stadt stellt der Mittelhessischen Energiegenossenschaft (MiEG) nämlich die Dächer von vier städtischen Gebäuden für den Bau von Photovoltaikanlagen zur Verfügung. Zudem hat der Magistrat beschlossen, Mitglied in der Genossenschaft zu werden.
Die MiEG plant, finanziert, errichtet, betreibt und unterhält Photovoltaikanlagen - und das jetzt auch in der Kurstadt. Auf den Dächern der Erlenbachhalle, des Jugendclubs Oberste Gärten, des Funktionsgebäudes im Sportzentrum Nord-West und der Kindertagesstätte Hessengärten sollen noch im Mai Photovoltaikanlagen errichtet werden. Die Verträge zwischen Stadt und MiEG laufen mindestens 21 Jahre und können nach Ablauf um jeweils ein weiteres Jahr verlängert werden.
Feste Vergütungen
Kosten entstehen der Stadt dadurch. Im Gegenteil: "Die Stadt kann sogar einen Teil des erzeugten Stromes in den Gebäuden nutzen und erhält darüber hinaus noch eine Pacht", erklärt Oberbürgermeister Michael Korwisi (Grüne). Mindestens 10 Prozent des erzeugten Stroms muss für den Eigenbedarf genutzt werden, der Rest kann ins Stromnetz eingespeist werden. Dafür gibt eine nach dem Gesetz für erneuerbare Energien (EEG) geregelte Vergütung - und das für eine Laufzeit von 20 Jahren. "Die Anlagen sind mittlerweile so ausgereift, dass sie sehr günstig Strom produzieren", erklärt Diethardt Stamm, einst Gründungsmitglied der Grünen, heute Vorstandsmitglied bei der MiEG.
Außerdem, so OB Korwisi weiter, könne nun auch jeder Bad Homburger Mitglied bei der MiEG werden und der Genossenschaft sein Dach zur Photovoltaiknutzung vermieten. "Wir vermitteln Interessenten auch Handwerker aus der Region", sagt Stamm. Die Größe dieser privaten Photovoltaikanlagen richtet sich dabei nach der Höhe jeweiligen Stromabrechnung. Zudem plant die MiEG unter dem Titel "Was passiert da auf dem Dach" Schulungen für Erzieherinnen.
MiEG hat 390 Mitglieder
Die Mittelhessische Energiegenossenschaft eG wurde 2011 von 33 Mitgliedern in Bad Nauheim gegründet. Heute hat die Genossenschaft ihren Sitz in Butzbach und inzwischen gehören der Genossenschaft 390 Mitglieder an, darunter die Gemeinden Alsfeld, Echzell, Florstadt, Friedberg, Hirzenhain, Ober-Mörlen, Ranstadt und Rockenberg. Weitere Mitglieder sind unter anderem der BUND Wetterau, der BUND Rosbach, der Sonnenstromverein und Terra Solar. Nähere Informationen über die Genossenschaft gibt es im Internet unter www.mittelhessische-energiegenossenschaft.de.