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Was schön ist und gut riecht, kann giftig sein - Homburger Apotheker erläutert die Gefahren von Maiglöckchen, Eibe und Engelstrompete - Weitere Führungen geplant

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Die Schlossgärtner haben es zur "Pflanze des Monats" gekürt, doch sein liebliches und unschuldiges Aussehen täuscht: Das Maiglöckchen gehört in die Kategorie "sehr giftig"! Dass seine Blätter denen des immer beliebter werdenden Bärlauchs zum Verwechseln ähnlich sehen und beide Pflanzen den gleichen Lebensraum bevorzugen, sorgt seit einigen Jahren für steigende Vergiftungszahlen.

"Übelkeit, Erbrechen, Herzrasen - das kann tödlich enden", warnte Michael-Peter Stoll. "Andererseits wurde das Maiglöckchen früher zur Behandlung von Herz-Kreislauf-Problemen eingesetzt und auch dem Schnupftabak beigemischt - alles eine Frage der Dosierung." Die heilenden und verheerenden Wirkungen der Pflanzen sind das Steckenpferd des Inhabers der Engel-Apotheke. Die Teilnehmer seiner Führung "Tod im Park" erfuhren, dass der Wirkstoff der Tollkirsche (Atropin) nicht nur als "Bella Donna" zur Pupillenerweiterung eingesetzt wurde und wird, sondern auch, dass sich die Ankläger bei mittelalterlichen Hexenprozessen der stark berauschenden Pflanze bedienten, um die Frauen "toll" im Sinne von "vom Teufel besessen" zu präsentieren.

Zu selbstzerstörerischen Rauschzuständen führt auch der "Genuss" der Engelstrompete; überhaupt ist die Familie der Nachtschattengewächse eine gefährliche Sippschaft, weshalb man keine grünen Kartoffeln und Tomaten essen soll.

"Bis heute sind 80 Problem der Arzneien biogenen Ursprungs", erläuterte Stoll und erzählte im Vorbeigehen über die Wirkstoffe von Narzissen, Rosskastanien, Ginkgo und der "Zitrone des Nordens", dem Sanddorn. Die Gruppe bestaunte auch den kurz vor der Blüte stehenden seltenen Tulpenbaum und die Rarität des Schlossparks, die eichenblättrige Hainbuche.

Dann wurde es wieder unheimlich, denn der in der beliebten Thuja enthaltende Wirkstoff Thujon ist ein Halluzinationen hervorrufendes Nervengift. Dieses wiederum ist Bestandteil von Absinth - und jetzt weiß man auch, warum sich van Gogh, der von diesem Likör abhängig gewesen sein soll, im Wahn ein Ohr abgeschnitten hat. Auch die Libanon-Zeder trägt ein medizinisches Geheimnis in sich: Ihr schweres ätherisches Öl hat eine mit dem Weihrauch vergleichbare Wirkung, schon König Salomo nutzte diesen atemberaubenden Effekt beim Bau des Tempels in Jerusalem.

Dass der Kontakt mit dem Saft der Herkulesstaude (auch Riesenbärenklau genannt) schlimmste Verbrennungen verursacht, war zwar vielen Besuchern bekannt, doch die Bilder der Verletzten, die Stoll zeigte, hinterließen einen bleibenden Eindruck. Schließlich stand die Gruppe vor einer der am häufigsten vorkommenden heimischen Pflanzen, die gleichzeitig die zweitgiftigste ist: die Eibe. "Holz, Nadeln, Früchte - an ihr ist einfach alles ungesund und schon in geringen Mengen tödlich", warnte der Apotheker. Gleichwohl wird ihr Giftstoff, Taxol, erfolgreich zur Behandlung verschiedener Krebsarten verwendet. Nach dem gut 90-minütigen, kurzweiligem Rundgang waren sich alle Teilnehmer einig, dass sie viel dazugelernt hatten.

Die nächsten Führungen, jeweils mit jahreszeitlichem Schwerpunkt, hat Apotheker Stoll für den 30. Juni, 25. August und 20. Oktober geplant. Treffpunkt jeweils um 15 Uhr unter der Zeder im Schlosspark. Die Teilnahme kostet 8 Euro.




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