In Sachen Radverkehr macht ihm so schnell niemand was vor. Acht Jahre lang war Joachim Hochstein regionaler Radverkehrsbeauftragter beim Regionalverband, ebenso lange arbeitete er zuvor als selbstständiger Planer. Ehrenamtlich engagiert sich der 46-jährige Diplom-Geograph außerdem beim Allgemeinen Deutschen Fahrradclub (ADFC).
Jetzt hat der gebürtige Rüsselsheimer, der in Bad Vilbel wohnt, die Leitung des Radfahrbüros der Stadt Frankfurt übernommen. Er kommt in einer turbulenten Zeit, in der sich viel bewegt. Für dieses Jahr haben Hochstein und seine vier Mitarbeiter ein umfangreiches Arbeitsprogramm. So wird die mittlerweile schon mehr als 20 Jahre alte Radverkehrskonzeption der Stadt weiterentwickelt. "Wir sind dabei, ein strategisches Netz zu definieren." Haupt- und Nebenrouten werden festgelegt, und es geht auch um den Lückenschluss zwischen den schon bestehenden Verbindungen. Das Konzept, das der Magistrat noch in diesem Jahr beschließen soll, wird Grundlage für ein ebenfalls geplantes System von Fahrrad-Wegweisern.
Platz wird langsam knapp
Die neue Planung ist auch eine Reaktion auf den steigenden Radverkehrsanteil in der Stadt. Neue Zahlen werden erst in diesem Sommer erhoben. "Aber wir schätzen, dass wir mittlerweile bei 16 oder 17 Prozent liegen." Vor wenigen Jahren waren es noch weniger als zehn Prozent. Hochstein führt die rasante Steigerung unter anderem auf die Öffnung von insgesamt 800 Kilometer Einbahnstraßen für den Radverkehr in beiden Richtungen zurück. "Der zeitliche Zusammenhang ist schon auffallend." Das Ende der Fahnenstange ist seiner Ansicht nach noch nicht erreicht. "Ich halte es für realistisch, dass wir 2020 einen Anteil von 20 Prozent haben werden."
Damit gibt es aber langsam ein Platzproblem. "Wir müssen über eine neue Aufteilung des Verkehrsraums sprechen", sagt Hochstein. Dabei stelle sich die Frage, ob Auto-Fahrspuren nicht auch schmaler werden können, um daneben Platz für einen Radfahrstreifen zu schaffen. In der Wilhelm-Leuschner-Straße oder auf der Alten Brücke sei es gelungen, solche Verbesserungen für Radfahrer umzusetzen, ohne den Autoverkehr nennenswert zu beeinträchtigen.
Radler auf die Fahrbahn
Entlastet werden die Radwege aber auch durch eine Vorgabe der Straßenverkehrsordnung, die das Radfahrbüro derzeit stark in Anspruch nimmt. Künftig werden Radfahrer vermehrt auf der Fahrbahn unterwegs sein. Benutzungspflichtige Radwege, für die es keine stichhaltige Begründung gibt, müssen aufgegeben werden. Dabei reicht es nicht, die Schilder abzuhängen. In vielen Fällen muss die Ampelschaltung angepasst werden - was auch Kosten verursacht.
Drittes großes Thema des Radfahrbüros ist die Öffentlichkeitsarbeit, die verbessert werden soll. Ein erster Schritt ist gemacht: Das Internet-Portal www.radfahren-ffm.de wurde neu gestaltet, bietet aktuellere Informationen. Eine mobile Version und eine Radfahrer-App für Smartphones sind geplant.
Und schließlich arbeitet das Radfahrbüro daran, einheitliche Planungsstandards für den Radverkehr zu erstellen, die in der gesamten Stadtverwaltung gelten. Hinzu kommt das Alltagsgeschäft: Bürgerbeschwerden beantworten, Planungen überprüfen. Hochstein: "Wir müssen die Alarmglocken läuten, wenn etwas schief läuft." Sein Ziel ist es, dass die Glocken irgendwann stumm bleiben, weil es ganz selbstverständlich ist, dass in allen Planungen die Belange der Radfahrer berücksichtigt werden.