Projektentwickler Eckart von Schwanenflug und Kommunikationsmanager Detlef Franke stehen auf einer Grünfläche inmitten der Niederräder Bürostadt und sprechen begeistert von den Schätzen, die es hier zu heben gilt. Dabei gleiten ihre Blicke über das weitläufige Areal des in die Jahre gekommenen Bürostandorts, der zwar nur über wenige Geschäfte, Supermärkte und Restaurants in Fußnähe verfügt, dafür aber über schätzungsweise gut 300 000 Quadratmeter leerstehende Büroflächen.
Für heute Abend um 18 Uhr laden von Schwanenflug und Franke zum "Location Check" zur Zukunft der Bürostadt in die Hochtief-Zentrale in der Lyoner Straße 25. Gemeinsam mit Planungsdezernent Olaf Cunitz (Grüne), Hochtief-Niederlassungsleiterin Iris Dilger, ABG-Chef Frank Junker, Stadtplaner Jan Schulz und Rechtsanwalt Dr. Thomas Schröder will von Schwanenflug erörtern, was geschehen muss, damit sich die Bürostadt zum florierenden Wohn- und Geschäftsviertel mausert. 140 Entscheider aus der Wohnungswirtschaft haben sich angekündigt. Mit ihrer Hilfe möchte Eckart von Schwanenflug eine schlagkräftige Standortinitiative ins Leben rufen.
Komplexe Interessenlage
Dass es nicht ganz einfach wird, die in den 1960ern hochgezogene Bürostadt, in der es bereits ab sieben Euro pro Quadratmeter Büroflächen gibt, aus ihrem Jahre währenden Dornröschenschlaf zu erwecken, ist von Schwanenflug bewusst: "Wir wissen, dass die Stadtplaner bemüht sind, etwas an diesem in die Krise geratenen Standort zu verändern", so der Projektentwickler und verweist auf die in Vorbereitung befindlichen Bebauungsplan-Änderungen und ein erstes Wohnbau-Projekt der ABG Holding, die bereits ab Ende des Jahres 135 Wohnungen sowie eine Kita im "Lyoner Viertel" errichten will. Doch man müsse auch verstehen, dass die Stadt lediglich den planerischen Rahmen zum Aufbruch setzen könne.
Die eigentlichen Spielflächen befinden sich zumeist in Händen privater Immobilien-Eigentümer. Gerade international operierende Immobilien-Konzerne profitieren von 20 000 Quadratmetern Büroleerstand, weil dieser sich bestens als Abschreibungsobjekt eignet. Die Errichtung schicker Neubauwohnungen verschlingt erst einmal Millionenbeträge. Hier gelte es anzusetzen und Investoren in einer mehrstufigen Entwicklung von der Attraktivität des Standorts zu überzeugen. "Dies hier ist ein schönes Experimentierfeld, das ein Beispiel mit bundesweiter Strahlkraft sein könnte", ist Detlef Franke überzeugt. Die Devise müsse lauten, Arbeiten, Wohnen und Freizeit an einem Standort zu vereinen. Statt ein Satellitenviertel auf der grünen Wiese hochzuziehen, könne man hier mitten in der Bestandsbebauung neue Wege beschreiten.
Da die Verwandlung eines riesigen leerstehenden Bürokomplexes wahnsinnig teuer ist, müsse man zuerst unbebaute Freiflächen erschließen und erste "Pioniere" durch preiswerte und ausgefallene Zwischennutzungen ins Viertel locken, so von Schwanenflug. Auch soll kulturelles Leben in das Quartier Einzug halten. Hierzu habe man die Künstlerin Anja Czioska gewinnen können, eine Spezialistin für Szene-Projekte wie Urban Gardening, Untergrund-Partys und dergleichen.
Ist die Bürostadt erst einmal durch diese neuen Impulse wiederbelebt, so käme die soziale Infrastruktur und das Interesse der Besitzer brachliegender Büro-Immobilien von selbst, so hoffen Franke und von Schwanenflug. "Wir planen ein Medienspektakel in Niederrad und wollen den Standort zu einem Campus der Zwischennutzungen machen", präzisiert von Schwanenflug.
Stadt und ABG nicht untätig
"Wir arbeiten derzeit mit Hochdruck an der Aufstellung zweier Bebauungspläne. Die Rahmenbedingungen sind das eine. Wir werden aber jede Initiative unterstützen, die der Konversion des Viertels zuträglich ist", so Volker Meisinger-Persch, Bürgermeister Olaf Cunitz’ (Grüne) Referent für Stadtplanung. Wie berichtet plant die Stadt, mittelfristig bis zu 3000 Menschen in der Bürostadt anzusiedeln.
Auch ABG-Chef Frank Junker begrüßt Eckart von Schwanenflugs Initiative. Junker schlägt zudem vor, im Sommer ein Open-Air-Kino zu organisieren, um den Standort bekannter zu machen. Doch auch der ABG-Chef gibt zu bedenken, dass der Wandel des Viertels von der Bereitschaft der Immobilien-Eigentümer abhänge, hier zu investieren. Aus diesem Grund engagiert sich die ABG mit gleich zwei Wohnungsbauvorhaben im Quartier.